© Elsbeth Böniger

Elsbeth Böniger: Goldnugget, 2006
Autolack auf Surfboard, 170 x 45 x 10 cm


Shaping

Elsbeth Böniger
, Marius Lüscher, Laurent Schmid


Der Begriff "Traffic Shaping" bezeichnet ein Verfahren in der Telekommunikation, bei dem beim Senden der Datenfluss von IP-Paketen oder anderen Transfer-Einheiten nach definierten Kriterien gesteuert wird. Es ist unidirektional, das heisst, es arbeitet ohne Steuerinformationen der Gegenseite. In Shaping steckt das Wort "Shape", also Form. Kunst hat stets mit Form zu tun. Die Ausstellung "Shaping" spielt nun mit den beiden Deutungsmöglichkeiten des Worts. Einerseits sind da kleine Datenpakete, also Kunstimpulse, die von der Künstlerin und den beiden Künstlern gesendet werden, andererseits beschäftigen sich alle drei mit der Form, also dem "Wie" etwas auszusehen hat.


Elsbeth Böniger ist eine Künstlerin mit vielschichtiger Tätigkeit. Alchemistische Malerin, die sich in der letzen Zeit an aufwändige, grossformatige Landschaftsbilder, die sie mit dem gesteuerten Zufall malt, hinwendete (im Moment zu sehen im Kunstmuseum Bern), dann Tüftlerin, die üppige Materialbilder aus verschiedensten Baumaterialien komponiert, dann aber auch Plastikerin, die den Begriff des "Readymades" im Sinne einer bearbeiteten Appropriation weiter ausdehnte. Ihre veredelten Alltagsgegenstände sind universelle Designprodukte, die man als solche nicht unbedingt erkennt, etwa Surfbretter oder Transportpaletten. Im Zentrum ihres Ausstellungsbeitrages stehen sich denn auch zwei Surfboards als vermeintliche Antipoden gegenüber. Das Surfbrett, das die Künstlerin mit Bleiblech überzogen hat, wirkt schlank und wendig, ist aber auf Grund eines Konstruktionsfehlers nie geschwommen. Der Bleimantel verstärkt den schweren Eindruck. Im Mittelalter wurde versucht, aus Blei Gold herzustellen, und so steht dem bleiernen Surfbrett ein goldenes, "Goldnugget", gegenüber. Das Goldbrett, hochglanz lackiert, kommt in Kombination mit einem Tuffstein daher und erinnert an mittelalterliche Gloriolendarstellungen. Wie entrückt von der Welt strahlt das Gold.


© Marius Lüscher

Marius Lüscher: o.T., 2006
Öl/Acryl auf Baumwolle, 190 x 150 cm


Der Berner Marius Lüscher ist Autodidakt. 10 Jahre lang arbeitete er im stillen Kämmerlein an einem beeindruckenden Oeuvre. Nach einem kurzen Auftritt in der Aarauer Weihnachtsausstellung ist zum ersten Mal eine grössere Werkgruppe von ihm öffentlich zu sehen. Waren es vorerst einfache Materialversuche, entwickelte sich die Malerei in zwei Richtungen. Auf der einen Seite sind da abstrakte Bilder, die wegen ihrer mutigen Farbwahl sofort auffallen. Mit breitem Pinsel trägt er dick Ölfarbe auf und arbeitet sich so durch zig Schichten hindurch. Farbverläufe und der Fluss der nassen Farbe nutzt er geschickt für spannende Kompositionen. Die andere Richtung seiner Malerei sind nahe an der Abstraktion stehende Bilder, die an "Sience-Fiction"-Gebilde erinnern. So erstaunt es denn auch nicht, dass Lüscher von seiner Passion für solche Bücher erzählt. Sind es bei den kleineren Formaten eine Art Helm oder Roboter, sind es bei den grösseren eher Behausungen oder Transportmittel.


© Laurent Schmid

Laurent Schmid: Zeichnung, 2006
Tusche auf Papier, ca. 45 x 70 cm


Laurent Schmid fällt in letzter Zeit vor allem durch seine komplexen interaktiven Installationen auf. Als einer der Pioniere der Multimediakunst begann er früh, die technischen Möglichkeiten des Computers auszunutzen. Seine Arbeiten überlagern sich oft in mehreren Schichten, etwa in Form von Computervorgängen, die auf Wandmalereien projiziert werden. Sein thematisches Fundament erarbeitet er sich in intensiven Recherchen. So bringt er etwa beim Auftauchen von BesucherInnen plötzlich verschwindende Würmchen (alles in Realtime vom Computer gerechnet) mit ständig auf der Hut seienden "Sanspapiers" in Paris in Verbindung. Ein altes Prinzip in seiner Arbeit ist auch das Zitieren von anderen Künstlern, etwa von Ed Ruschas Sonnenuntergängen in der Serie "Cry for Dawn". Sein zeichnerisches Werk kennen die meisten denn auch nur in Form von zeichnerisch überarbeiteten Fotografien. Er zeichnet aber schon lange mit Bleistift und Tusche auf blankes Papier. In der Ausstellung sind seine neusten Tuschezeichnungen zu sehen, die oft mit viel Witz und Ironie gespickt sind.


Bernhard Bischoff, August 2006


Ausstellungsdauer 17.8. - 23.9.2006

Oeffnungszeiten Mi-Fr 14 - 18 Uhr, Sa 11 - 16 Uhr
und nach Verabredung


Galerie Bernhard Bischoff & Partner AG
Speichergasse 8
3011 Bern
Telefon +41 (0)31 312 06 66
Fax +41 (0)31 312 06 67
Email mail@bernhardbischoff.ch

www.bernhardbischoff.ch