© Louise Bourgeois

Louise Bourgeois: Protéger les fils contre leurs pères, 1998
red ink and pencil on paper, 22,9 x 29,8 cm


Silent Screams Difficult Dreams

Louise Bourgeois
, Sophie Calle, Mathilde ter Heijne, Maria Marshall, Susan Turcot


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Die Gruppenausstellung "Silent Screams Difficult Dreams" zeigt eine Auswahl von Werken fünf internationaler Künstlerinnen, die ambivalente, oftmals beunruhigende Erinnerungs- und Vorstellungswelten offen legen, indem sie sich an den Grenzen von Traum und Realität, von Unterbewusstsein und gesellschaftlicher Norm, von Verstand und Intuition, von Ohnmacht und Protest bewegen.


Die Niederländerin Mathilde ter Heijne nähert sich in ihrer Arbeit "F.F.A.L. #1, #2, #3" (Fake Female Artist Life #1, #2, #3) den Konflikten dreier fiktiver Frauen auf der Suche nach der eigenen Identität. Sie lässt die drei Künstlerpersönlichkeiten - Romanfiguren verschiedener Autoren - in einem neuen Kontext erstehen, indem sie deren Identitäten auf lebensgrosse Doubles von sich projiziert. Die drei Malerinnen teilten, in unterschiedlichen Kulturen und Epochen lebend, das Schicksal, Künstlerin und Frau zu sein. Indem ter Heijne die Lebensgeschichten der Malerinnen zu sich selbst in Bezug setzt, thematisiert sie einerseits die gesellschaftliche Bedeutung der Frau und Künstlerin in unterschiedlichen Zeiten und Kulturen, andererseits untersucht sie das Verhältnis von Fiktion und Realität.


Auch die französische Konzeptkünstlerin Sophie Calle lässt bei der Spurensuche des eigenen Ichs die Kategorien Wirklichkeit und Erfindung ineinander übergehen. Die Arbeiten der Serie "Les Autobiographies" sind beides zugleich. Einerseits besitzen sie, wie alle ihre Arbeiten, einen engen Bezug zu ihrer Lebensgeschichte, andererseits werden die Erinnerungen so inszeniert, dass sie zwangsläufig zur Fiktion werden. In der von der geplanten, aber niemals stattgefundenen Hochzeit Calles erzählenden Arbeit "Dream Wedding" findet die Inszenierung auf mehreren Ebenen statt: in der narrativen Darstellung der Erinnerung - oder des Traumes? - mittels Fotografie und Text, in der Verkleidung als Braut und zuletzt auf der Ebene der Nachempfindung einer Hochzeit in Kriegszeiten. Selbsterkenntnis ist hier gleichgesetzt mit Selbstschöpfung.


Im Gegensatz zu Sophie Calle, nimmt die englische Filmemacherin Maria Marshall in ihren aufwendig inszenierten, geloopten Videos niemals explizit Bezug zu ihrer eigenen Biografie. Auch wenn die Protagonisten ihrer aufwühlenden, traumartigen Szenen fast ausschliesslich von ihren eigenen Söhnen oder von ihr selbst gespielt werden, gehen die darin zum Ausdruck gebrachten Erfahrungen und Ängste weit über persönliche Erinnerungen hinaus und diskutieren universale Themen der Mutterschaft, des Kindseins, der Sozialisierung und der Welterfahrung.


Die Orientierung nach Innen, psychoanalytische Aspekte und das Unterbewusstsein nehmen auch in den Arbeiten Louise Bourgeois' breiten Raum ein. In kleinformatigen Zeichnungen, verarbeitet sie geradezu traumatische Erlebnisse aus ihrer Kindheit, Verlust- und Existenzängste, ohne dabei je ins Illustrative oder Anekdotenhafte abzugleiten. Die Auswahl der hier gezeigten Arbeiten lässt das breite Spektrum des grafischen Oeuvres erahnen, das von gegenständlichen Zeichnungen über metaphorische Mutationen von Architekturen oder Personendarstellungen bis hin zu abstrakten Zeichnungen reicht. Spannungsreich wechseln sich obsessive Strichsetzung, lockere gestische Linienführung und geometrische Präzision ab.


Die Arbeiten der Kanadierin Susan Turcot sind ebenfalls geprägt durch den Rückgriff auf die Intuition, und ihr Sinngehalt erschöpft sich zu einem grossen Teil im Zeichenprozess. Einerseits setzt sie sich in ihrer Serie "Transmission" gegenständlich mit weltpolitischen Themen auseinander, andererseits geht es ihr aber immer auch um die Brechung der Realität im grafischen Akt, indem ihre zeichnende Hand Synthese leistet zwischen äusserlicher Wirklichkeit, analysierendem Verstand und innerem Ausdruck jenseits der Sprache. Die minutiös ausgearbeiteten, gegenständlichen Zeichnungen werden in einem zweiten Schritt regelrecht attackiert - wie in einem explosionsartigem Ausbruch des Unterbewusstseins oder einem Gefühl des inneren Protests.


Ausstellungsdauer: 15.11.2003 - 10.1.2004
Oeffnungszeiten: Di-Sa 11-18 Uhr


Galerie Arndt & Partner
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Silent Screams Difficult Dreams

Louise Bourgeois
, Sophie Calle, Mathilde ter Heijne, Maria Marshall, Susan Turcot


The group exhibition "Silent Screams Difficult Dreams" presents a selection of works by five international artists that expose ambivalent, sometimes unsettling imaginary or psychological worlds. The works meander on the borderlines between dream and reality, reason and intuition, the subconscious and social norms, between surrender and protest.


In her work "F.F.A.L.#1,#2,#3" (Fake Female Artist Life #1, #2, #3) the Dutch artist Mathilde ter Heijne approaches the conflicts of three fictitious female artists in search for their identities. The three painters – protagonists from different novels who lived in various cultures and epochs - shared the fate of being women and artists. Ter Heijne allows those characters to resurrect in a new context by projecting them onto a life-size double of herself. Quite literally relating the biographies of the three women to her own, the artist questions the role of women as artists in different times and cultures, and explores the relation between reality and fiction.


In an attempt to retrace her Self the French artist Sophie Calle likewise merges categories of reality and fiction. Her works, such as the series "Les Autobiographies", are closely interwoven with her biography, but on the other hand narrated in a such a way that they seem like poetic fictions. In "Dream Wedding" - a wedding that was planned, but never took place - her strategies of staging operate on several levels: the narrative description of a memory (or a dream?) via photography and text, the act of dressing up as a bride, and at last reviving the experience of a wedding celebration in times of war. Here self-discovery becomes equal with self creation.


In contrast the British video artist Maria Marshall never explicitly refers to her biography in her elaborately finished video loops. Even though the protagonists of her disturbing, dreamlike scenes are usually performed by herself or her sons, the works discuss universal subjects, such as our perceptions of motherhood, childhood, and socialisation, and reach far beyond the horizon of personal memories.


Inward orientation, psychoanalysis and the subconscious are also prominent in the work of Louise Bourgeois. In her small drawings she comes to terms with traumatic childhood experiences and existential anxieties without ever drifting into mere illustration or anecdote. The choice of works in this exhibition allows a glimpse into her widely facetted graphic oeuvre that ranges from figurative drawings to metaphorical mutations of architectural or figurative elements and pure abstraction. Obsession with detail, gestural mark making and geometric precision alternate with one another.


The work of the Canadian artist Susan Turcot recourses to intuition in a similar way. Its meaning largely unfolds in the actual process of drawing. While she depicts scenes related to world political issues, she is concerned with disturbing these representational renderings through the act of drawing. In her series "Transmissions" for example, she attacks delicately drawn out representational elements in a second step with lines that appear to be the explosive and sudden outburst of the subconscious or a feeling of inner protest. Thus she achieves a synthesis between outer reality, the analysing mind and articulations beyond language.


15 November 2003 - 10 January 2004