© Rudi Maier

Rudi Maier: Vor zehn Jahren las er das Kapital. Heute das Capital, Mustang, 1978.
Mediologische Vereinigung Ludwigsburg,
Narrenproduktion, 2004


Spektakel, Lustprinzip oder das Karnevaleske?

1. Kapitel: Songül Boyraz, Gardar Eide Einarsson, Marcelo Expósito, Thierry Geoffroy/Colonel, interpixel (Eva-Maria Würth und Philippe Sablonier), Christian Jankowski, Rudi Maier, Mediologische Vereinigung Ludwigsburg, RELAX (Chiarenza & Hauser)


Die Shedhalle stellt ihr Programm vor: die erste thematische Projektreihe in 3 Kapiteln, das Projekt "Vor Ort", die "Shedhalle Zeitung" und "die Filmreihe".


Das Karnevaleske ist eine Weise, die Welt umzustülpen und damit die Ordnung und alle aus ihr erwachsenen Formen der Furcht, Ehrfurcht, Pietät und Etikette ausser Kraft zu setzten (Bachtin).


Das Karnevaleske meint eine Verkehrung der Welt und ein Ausserkraftsetzen von Konventionen und gesellschaftlichen Codes. Das Karnevaleske ist nach Bachtin "ein Schauspiel ohne Rampe", ein Moment der Enthierarchisierung, die sich der repressiven, ernsten Kultur utopisch und befreiend gegenüber verhält.


Das Karnevaleske lässt sich einerseits als eine widerständige Praxis verstehen - andererseits bedient es kapitalistische Verwertungsinteressen durch die Ökonomisierung, Reglementierung und Institutionalisierung gesellschaftlicher Lustbegehren. Die Dichotomie von dem Selbstermächtigungspotential popkultureller Phänomene und den Profit orientierten Strategien der Kultur- und Lifestyle-Industrie wirft die Frage auf, inwiefern unsere Gesellschaft sowohl ein konsumierendes Prinzip als auch ein widerständiges Prinzip des Karnevalesken verfolgt. Vermutlich kopieren und adaptieren diese Konzepte voneinander.


Das Karnevaleske äussert sich oft als Tabuverletzung oder temporäre Tabuüberschreitung. Im Zusammenhang mit institutionalisierten Ausprägungen könnte man von einer rituellen widerständigen Praxis sprechen, in welcher temporär Ordnungsparameter umgedreht werden - dies geschieht aber nach einer Regel. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Spektakelisierung des Politischen insbesondere in den Medien. Eine weitere wichtige Frage ist, welche Rolle die ästhetische Praxis hierbei spielt, da sie selbst von diesem Prinzip betroffen ist.


Die künstlerische Praxis interessiert karnevaleske Strategien, wie sie etwa die Medien und Kommunikationsguerilla verwenden: Einerseits untersucht und kommentiert sie diese und andererseits findet sie in ihnen häufig eine Sprache, um auf brisante gesellschaftliche Themen aufmerksam zu machen und sie zur Diskussion zu stellen. In diesem Ausstellungsprojekt soll es einerseits darum gehen, die Parameter des Karnevalesken und die damit zusammenhängenden Tabumechanismen zu untersuchen und andererseits künstlerische Praktiken vorzustellen, die sich inhaltlich und performativ mit dem Thema beschäftigen.


Erste Ausgabe der Shedhalle Zeitung
Die Shedhalle Zeitung wird halbjährlich erscheinen. Sie wird einerseits die aktuellen Projekte dokumentieren und andererseits durch Essays den Blickwinkel auf die jeweiligen Schwerpunktthemen erweitern. Des Weiteren funktioniert sie auch als kuratierte Plattform, wie etwa in der "hosted by" Sektion, in dieser Ausgabe: Copenhagen Free University "hosted by" Appendiks (Kopenhagen). Zusätzlich ermöglicht der Veranstaltungskalender einen Überblick über das kommende Programm in der Shedhalle.


Vor Ort
Neben einem neuen Büro wird am Abend der Eröffnung der Ausstellung auch die vom Londoner Kurator und Künstler Dan Wilkinson entworfene "Temporäre Lounge" der Öffentlichkeit vorgestellt werden, in die wir sie herzlich zum Gespräch einladen.


Filmreihe
Eine Filmreihe, die wir bereits mit der Langen Nacht der Museen begonnen haben, setzten wir im folgenden jeweils am 1. Donnerstag des Monats um 20 Uhr in der Shedhalle fort. Die monatlich stattfindende Filmreihe untersucht das Verhältnis fiktionaler und dokumentarischer Strategien in der künstlerischen Filmproduktion.


Das zweite Kapitel wird am 29. Januar 2005 eröffnet.


Kuratoren: Katharina Schlieben und Sönke Gau


Das Programm wird unterstützt durch: Präsidialdepartment der Stadt Zürich, Ernst Göhner Stiftung, Migros Kulturproduzent, Zürcher Kantonalbank. Förderung Gardar Eide Einarsson durch Office for Contemporary Art Norway und Royal Norwegian Embassy, Berne.



Ausstellungsdauer: 30.10. - 19.12.2004
Öffnungszeiten: Mi/Fr 14 - 17 Uhr, Do 14 - 21 Uhr,
Sa/So 14 - 20 Uhr


Shedhalle
Rote Fabrik
Seestrasse 395
8038 Zürich
Telefon 01 481 59 50
Fax 01 481 59 51
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