© Paul P.

Paul P.: Untitled, 2007
Graphite on paper, 35,5 x 43,5 cm, 13,97 x 17,12 in


Sweet Bird of Youth

Slater Bradley
, Mathew Cerletty, Dan Colen, Gardar Eide Einarsson, Terence Koh, Douglas Kolk, Nate Lowman, Ryan McGinley, Matt Saunders, Steven Shearer, Hedi Slimane, Paul P., Banks Violette


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Mit "Sweet Bird of Youth" zeigt der französische Modedesigner und Künstler Hedi Slimane die erste von ihm kuratierte Gruppenausstellung bei Arndt & Partner Berlin.


Der Titel "Sweet Bird of Youth" ist einem Stück von Tennessee Williams entlehnt, dessen Hauptfigur, Chance Wayne, in seine Heimatstadt zurückkehrt und sich zwischen zwei Frauen findet: einer abgehalfterten Filmdiva, die für seinen gescheiterten Versuch einer Schauspielkarriere in Hollywood steht, und seiner zurückgelassenen Jugendliebe. Eingeholt von seiner Vergangenheit versucht Chance verzweifelt, seinem gescheiterten Leben eine positive Wendung zu geben und dem süssen Vogel Jugend nachzujagen.


"Sweet Bird of Youth" bezeichnet diesen Schwebezustand, denn die Welt der Jugend ist nicht wieder einzufangen, wenn sie als süsser Vogel vorübergeschwebt ist. Ähnliche Anspielungen finden sich auch in den von Hedi Slimane für die Ausstellung zusammengestellten Werken meist befreundeter Künstler, die alle in schwarzweiss gehalten sind.


Die Arbeiten des amerikanischen Künstlers Douglas Kolk (*1963), der sein Schaffen 1999 aufgrund exzessiven Drogenkonsums abbrechen musste und erst 2004 wieder zu arbeiten begann, fangen auf beeindruckende Weise die eben geschilderte Zerrissenheit ein. Seine Zeichnungen zeigen schemenhafte Gesichter und fragmentierte Körper, die meist wie sinnentleerte und gleichgültige Fashionstars wirken. Geister, Totenköpfe und monströse Grimassen umschweben die schönen, subtilen Wesen und lösen sie aus dem Kontext modischer Statements heraus; formulieren bruchstückhaft ihre Wut, Sehnsüchte und Ängste.


Spielt Kolk in seinen zuweilen chaotisch wirkenden Bildräumen mit Indizien der Jugend- und Modekultur, beschäftigt sich der Kanadier Steven Shearer (*1968) mit der Sprache des "Death Metal", also einer differenzierten Subkultur. Die oft zügellose Beschreibung von Gewalt in dieser Musikrichtung zeigt sich als ein Ventil für die Wut auf unsere Gesellschaft. Neben provokanten Statements, die Shearer in Internetforen findet, bedient er sich für seine Malereien und Collagen weiterer gefundener Materialien wie Fotos, Poster und Zeitungsausschnitte aus Teenagermagazinen. Stilistisch an Edvard Munch oder Henri de Toulouse-Lautrec angelehnt, zeigen seine langhaarigen Metalfreaks eine verblüffende Verletzlichkeit.


Gelingt es Shearer durch das Provokante seiner Installation oder das Altmeisterliche in seinen Gemälden Aufmerksamkeit und Sympathie für seine Outsider zu wecken, greift Banks Violette (*1973) einen weiteren Aspekt des Death Metal auf. Der amerikanische Künstler zitiert in seinen raumgreifenden Arbeiten die Symbolik von Tod und Verfall und bringt den Betrachter zum Schaudern. Mit seinen schwarz glänzenden New-Gothic-Skulpturen greift er sowohl auf der formal-ästhetischen als auch auf der inhaltlichen Ebene die Ikonografie von Heavy Metal auf. Inspiriert wird er von wahren Begebenheiten wie beispielsweise dem grausamen Mord dreier Jungendlicher an einer Mitschülerin. Violette thematisiert die in dieser jugendlichen Lebenswelt vorherrschende Gewaltbereitschaft und deren demonstrative Distanzierung zur Gesellschaft.


Auch in den Videoinstallationen und Fotografien des in San Francisco geborenen Slater Bradley (*1975) spielen Tod, Verfall aber auch die Bildung von Identität eine bedeutende Rolle. In seiner "Doppelganger Trilogy" (2001-04) stehen beispielsweise mit Ian Curtis, dem Sänger der Punk-Band "Joy Division", dem Nirvana-Sänger Kurt Cobain und Michael Jackson, drei gefallene Helden der Massenkultur im Fokus seiner Arbeit. Dabei erforscht Bradley die Elastizität von Identität und deren Beziehung zu Bildern, die von mächtigen, ikonischen Figuren des öffentlichen Lebens vermittelt werden und lotet zugleich die formalen und emotionalen Möglichkeiten der Videotechnik aus, indem er diese sowohl im dokumentarischen Modus als auch in Form präzise arrangierter Filmsettings vorführt.


Terence Kohs (*1977) Licht- und Rauminstallationen bedienen sich ebenfalls eines weiten Spektrums subkultureller Assoziationsfelder ohne jedoch an konkrete gesellschaftliche Gruppen gekoppelt zu sein. In seinen musealen Installationen verwendet er häufig triviale Materialien, die mit homosexuellen Symbolen zu Fetischen aufgeladen werden. Fern von moralischen Restriktionen reflektieren seine Arbeiten Themen wie Versuchung, Lust und Begehren.


Ähnliche Aspekte finden sich auch in der Malerei des amerikanischen Künstlers Paul P. (*1977), der sowohl von klassischer Porträtmalerei beeinflusst ist als auch von der "gay pornography" der späten 1970er und frühen 80er Jahre. Junge Männer in lasziven Posen bevölkern seine Arbeiten, sensibel portraitiert und in scheinbarer Kommunikation mit dem Betrachter, verschwindet ihr ursprünglich pornografischer Hintergrund. Den Arbeiten bleibt ein gewisser "memento mori"-Effekt, denn diese Pornodarsteller stehen am Beginn der AIDS-Ära.


Eine exhibitionistische Lust zeigen die Arbeiten von Mathew Cerletty (*1980), die meist Selbstportraits sind oder Familienmitglieder abbilden. In annähernd malerischer Perfektion und häufig eingebettet in blumige oder grafische Muster, begegnen dem Betrachter Figuren, die sich in Alltagssituationen befinden, in die Leere blicken oder auf etwas zu warten scheinen. Diesen opulenten Malereien stehen formalistische Arbeiten gegenüber, die sich auf Sprache konzentrieren. In "Sweet Bird of Youth" zeigt Cerletty die Zeichnung "The Feeling is Mutual". Die weisse Schrift auf schwarzem Hintergrund liest sich wie eine Anti-Message, lässt sie doch jede Erläuterung aus.


Die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichsten subkulturellen oder auch massenmedialen Zeichensystemen bildet ebenfalls einen Aspekt in den Arbeiten von Gardar Eide Einarsson, (*1976). In Form sehr heterogener Medien, wie Zeichnung, Malerei, Video und Skulptur, beschäftigt sich der Norweger, der bekannt ist für seine sozialen Architekturen und künstlerischen Experimente mit Skatern, amerikanischen Jugendgangs, Drogenabhängigen etc., mit den kommunikativen Strategien von Subgruppen und ihrer Identitätsfindung.


Das starke Interesse an den subkulturellen Gruppen der Gesellschaft verbindet den Norweger mit dem New Yorker Fotografen Ryan McGinley (*1977), dessen Motive im wesentlichen fokussiert sind auf Freunde, Geliebte sowie herumhängende Kids, Skateboarder und Graffitisprüher. Mit nahezu dokumentarischem Gespür in oftmals schonungsloser Direktheit zeichnet McGinley die Licht- und Schattenseiten des Erwachsenwerdens nach, indem er seine Akteure sowohl an öffentlichen Orten wie Partys, Konzerten etc. als auch in äusserst intimen Momenten zeigt und so einen sehr persönlichen Einblick in das Leben einer Generation gibt. Auch in der Kunst des Amerikaners Dan Colen (*1979) nehmen Massenmedien, Subkultur und die Auseinandersetzung mit dem Erwachsenwerden einen grossen Stellenwert ein. Seine bemalten Skulpturen überführen die alltäglichen Gegenstände der Subkultur in hochkünstlerische Monumente und erzählen Geschichten von einer Sozialisation in Downtown und dem Leben der "Twentysomethings". So beschwören sowohl seine bemalten Skulpturen als auch seine Text-Bilder, die an spontane Graffiti-Botschaften erinnern, jedoch akribisch gemalt wurden, unser Bedürfnis, Anspruch z.B. auf die eigene Identität zu erheben und das ständige Bestreben, die eigene Identität zu konstruieren oder zu bestätigen.


Auch Matt Saunders (*1975) widmet sich in seinen Ölbildern, Zeichnungen und Animationsfilmen der Frage nach Identitätskonstruktionen in unserem medial geprägten Zeitalter, in dem die Individuen eher selbst eine Rolle zu spielen scheinen als tatsächlich ihr Leben zu leben. Dabei interessieren ihn vor allem die Momente, in denen seine Protagonisten für einen Augenblick ihre Rollen verlieren oder aber Filmikonen, die für einen Moment aus ihren öffentlichen Rollen schlüpfen und zu Menschen des alltäglichen Lebens werden.


Das Werk des für seine "Bullet Hole"-Siebdrucke bekannten Nate Lowman (*1979) wiederum ist geprägt durch eine Punkrock-Ästhetik in Kombination mit einer starken politischen Auseinandersetzung. Damit markiert Lowman die in "Sweet Bird of Youth" vertretene Generation junger Künstler, denen eine durchaus kritische Distanz zur amerikanischen Kultur, Gesellschaft und Kunstszene zu eigen ist und deren Ikonographie sich durch eine mal mehr, mal weniger subtile Mischung aus Verrücktheit, Rebellion, Politik und Gewalt auszeichnet.


Ausstellungsdauer 2.7. - 31.8.2007

Oeffnungszeiten Di-Sa 11 - 18 Uhr


Galerie Arndt & Partner
Zimmerstrasse 90-91
D-10117 Berlin
Telephone +49 (0)30 280 81 23
Fax +49 (0)30 283 37 38
Email berlin@arndt-partner.com

www.arndt-partner.com








Sweet Bird of Youth

Slater Bradley
, Mathew Cerletty, Dan Colen, Gardar Eide Einarsson, Terence Koh, Douglas Kolk, Nate Lowman, Ryan McGinley, Matt Saunders, Steven Shearer, Hedi Slimane, Paul P., Banks Violette


The French fashion designer and artist Hedi Slimane will show his first group exhibition curated for Arndt & Partner Berlin: "Sweet Bird of Youth".


The title "Sweet Birth of Youth" is borrowed from a play by Tennessee Williams. Upon his return to his hometown the play's protagonist, Chance Wayne, finds himself torn between two women: a has-been film diva, whose role alludes to his failed attempt at an acting career in Hollywood, and the left-behind love of his youth. His past having caught up with him, Chance desperately chases the sweet bird of youth trying to give his failed life a positive turn. "Sweet Bird of Youth" refers to this in-between state, to the insight that the world of youth cannot be retrieved once it has passed by like a sweet bird. Similar allusions are to be found in the works assembled by Hedi Slimane. The works which are for the most part created by friends of Slimane also have in common that their colour palette is limited to black and white.


The works of Douglas Kolk (born in 1963) very impressively capture this torn state described above. The drawings by the American artist, who had to cease working in 1999 due to excessive drug use, and who took up making art again only in 2004, depict shadowy faces and fragmented bodies which - devoid of meaning-seem like blasé fashion stars. Ghosts, skulls, and monstrous grimaces float about the fragile, subtle creatures and liberate them from the context of fashion statements, thus articulating in a fragmentary way their anger, yearnings, and fears.


While Kolk plays in his sometimes seemingly chaotic visual spaces with signs of youth and fashion cultures, the Canadian Steven Shearer (born in 1968) addresses the language of death metal, a specific subculture. The often unbridled description of violence in this music genre is a safety valve for anger at our society. Apart from provoking statements that Shearer finds in Internet chatrooms, he also uses photo collages and other found material like photographs, posters, and clippings from teenager magazines for his paintings. Stylistically reminiscent of Edvard Munch or Henri de Toulouse-Lautrec, his longhaired heavy metal fans exhibit a surprising vulnerability.


While Shearer succeeds in attracting attention and sympathy for his outsiders through the provoking elements of his installations and the old-master quality of his paintings, Banks Violette (born in 1973) takes up another aspect of death metal. In his expansive works, the American artist quotes the symbolism of death and decay, making the beholder shudder. In his shiny black new-Gothic sculptures, he takes up the iconography of heavy metal, both on a formal-aesthetic level as well as in terms of content. His works are inspired by true events, for example, the gruesome murder of a girl by three high-school students. Violette thematises violence so prevalent in the life world of these young people, which they use to demonstrate their distance to society.


The light and space installations of Terence Koh (born in 1977) also avail themselves of a wide spectrum of subcultural fields of association, without however being linked to concrete social groups. In his museum-quality installations he often uses banal materials that are charged into becoming fetishes through gay symbols. Far removed from any moral restrictions, his works reflect on topics like temptation, pleasure, and desire.


Similar aspects can also be found in the painting of the American artist Paul P. (born in 1977), who is influenced both by classical portrait painting and by gay pornography of the late 1970s and early 1980s. Young men in lascivious poses populate his works; sensitively portrayed and apparently in communication with the beholder, their originally pornographic background disappears. The works retain a certain "memento mori" effect, because these men are porn actors from the beginning of the era of AIDS.


Mathew Cerletty's portraits of himself or of family members reveal an exhibitionist pleasure. The beholder encounters figures in everyday situations, executed in a masterly style, who are often imbedded in flowery or abstract patterns, staring into space or apparently waiting for something. These opulent paintings stand alongside formalistic works that focus on language. In "Sweet Bird of Youth", Cerletty is presenting the drawing "The Feeling is Mutual". The white writing on a black background reads like an anti-message, but refrains from any explanation.


An engagement with representative systems used by the mass media or to designate subcultural difference is also central to the work of Gardar Eide Einarsson (born 1976). Known for his social architectures and artistic experiments with skaters, American youth gangs and drug addicts, the Norwegian artist uses a heterogeneous array of media such as painting, video and sculpture to investigate the communicative strategies of subgroups and their quest to find and assert their own identity.


The Norwegian artist's fascination with subcultural groups is shared by New York photographer Ryan McGinley (born 1977), whose motifs often depict friends, lovers, skateboarders, graffiti artists and kids at a loose end. With a documentary sensitivity and an uncompromising verité style, McGinley shows us the light and dark sides of the rites of passage into adulthood by capturing his subjects in public at parties and concerts, as well as in moments of absolute intimacy. In doing so, the artist offers a very personal take on the life of this generation.


Mass media, subculture and an investigation of the passage into adulthood are also fundamental to the work of American artist Dan Colen (born 1979). His painted sculptures transform everyday subcultural artifacts into high art monuments to the lives of "twentysomethings" and downtown socialisation. In meticulously painted text works and sculptures that conversely evoke the spontaneity of graffiti, his works mine our need to establish an individual identity and the perpetual efforts the self undertakes to construct and affirm this identity.


The oil paintings, drawings and animations of Matt Saunders (born 1975) also investigate the construction of identity in a media saturated era in which individuals seem more likely to play a role than actually live their lives. His interest lies in the moments in which his protagonists slip out of character, or in which film icons step out of their roles to expose the everyday life of the person behind the public persona.


Known for his "Bullet-Hole" silkscreen paintings, the work of Nate Lowman (born 1979 in Las Vegas) is charged by a punkrock aesthetic mixed with a strong political load. His critical distance to the culture, society and art scene of America is characteristic of the young generation of artists represented in "Sweet Bird of Youth". The iconography of this generation is remarkable for its sometimes subtle, sometimes loud mixture of madness, rebellion, politics and violence.


Exhibition 2 July - 31 August 2007

Gallery hours Tues-Sat 11 am - 6 pm