© Stephan Mörsch

Stephan Mörsch: Unterwasserzeichnung, 2004


Tauchfahrten - Zeichnung als Reportage

Bernard Buffet, Erich Dittman, Alberto Giacometti, Ben Katchor, Max Klinger, Fritz Koch-Gotha, Theo Matejko, Stephan Mörsch, Henry Moore, Emil Stumpp, Jim Shaw, Andreas Siekmann, Robert Weaver, Stephen Wiltshire, Amelie von Wulffen, He Youzhi, Florian Zeyfang


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Erstmalig in dieser Breite widmet sich der Kunstverein Hannover mit dem gross angelegten Ausstellungsprojekt "Tauchfahrten" der Frage nach der reportierenden Qualität des Zeichnerischen. Jenseits von gängigen Medien-hierarchien oder kunsthistorischen Gattungsbegriffen stellen die Kuratoren Clemens Krümmel (Redakteur Texte zur Kunst, Berlin) und Alexander Roob dafür 42 historische und aktuelle internationale Positionen mit insgesamt über 300 Blättern zur Diskussion.


Weit mehr als nur Hilfsmittel ist Zeichnung ein Schlüsselmedium der Wirklichkeitsrezeption. Durch sie gelingt es mit den sprichwörtlichen "Papier und Bleistift" komplizierte Sachverhalte anschaulich, vorstellbar und kommunizierbar zu machen. Das macht sie ideal geeignet als historisches, als utopisches, als kritisches Medium - nicht nur wegen ihrer oft betonten vermeintlichen "Authentizität".


"Tauchfahrten - Zeichnung als Reportage" knüpft hier an, argumentiert aber von einer neuen, spezifischeren Richtung her: Es geht um "Zeichnung als Reportage", und zwar im Wortsinn eines Zeichnens, das etwas aus der Wirklichkeit "zurückbringt". So interessiert die Ausstellung, was Zeichnung immer wieder war und was sie vielleicht erneut etwas stärker geworden ist: ein Verfahren der Berichterstattung. Diese bezieht sich im Kontext der Ausstellung auch und vor allem auf erschwert zugängliche Räume. Dazu zählen Orte, die aus juristischen, politischen, ideologischen, ökonomischen oder technischen Gründen nicht durch andere Bildmedien darzustellen sind - aber auch imaginäre Räume, die sich auf utopische Projekte, noch zu entwickelnde Erfindungen oder auf Träume, Phantasien und innere Bilder beziehen. "Tauchfahrten" stehen hier im übertragenen Sinn für besondere Zugangsmöglichkeiten, die Zeichnung im Vergleich zu anderen Techniken bietet.


Der Breite des Themas und seiner bislang geringen Aufarbeitungstiefe angemessen, verschränkt "Tauchfahrten - Zeichnung als Reportage" historische und aktuelle Aspekte der Reportagezeichnung aus ganz unterschiedlichen - auch im engeren Sinne nicht-künstlerischen - Bereichen und über Genregrenzen hinweg. Die Präsentation verbindet beispielsweise Pressezeichnungen von Fritz Koch-Gotha, Gerichtszeichnungen von Erich Dittmann, Bergwerks-zeichnungen von Alfred Schmidt, comicnahe Erzählungen von He Youzhi oder filmisch angelegte Protokolle Robert Weavers mit einer künstlerischen Ahnenforschung, die von John Singer Sargent und Max Klinger über Alberto Giacometti bis zu Stephan Mörsch, Amelie von Wulffen und Andreas Siekmann reicht. So soll nicht nur die hohe ästhetische Qualität zeichnerischer Arbeiten aus dem Bereich der so genannten angewandten Kunst deutlich werden, sondern auch die verblüffenden Möglichkeiten, die das Genre der gezeichneten Reportage insgesamt bietet.


Die Ausstellung "Tauchfahrten - Zeichnung als Reportage" entstand in Kooperation mit der Kunsthalle Düsseldorf und ist dort vom 25. Februar bis 24. April 2005 zu sehen.


Es erscheint ein umfassender Katalog im Richter Verlag.


Ausstellungsdauer: 27.11.2004 - 30.1.2005
Oeffnungszeiten: Di-So 11 - 17 Uhr, Mi 11 - 21 Uhr


Kunstverein Hannover
Sophienstrasse 2
D-30159 Hannover
Telefon +49 (0)511.32 45 94
Fax +49 (0)511.363 22 47
Email mail@kunstverein-hannover.de

www.kunstverein-hannover.de





Tauchfahrten (Diving Trips) - Drawing as Reportage

Bernard Buffet
, Erich Dittman, Alberto Giacometti, Ben Katchor, Max Klinger, Fritz Koch-Gotha, Theo Matejko, Stephan Mörsch, Henry Moore, Emil Stumpp, Jim Shaw, Andreas Siekmann, Robert Weaver, Stephen Wiltshire, Amelie von Wulffen, He Youzhi, Florian Zeyfang


"Tauchfahrten (Diving Trips)" is a thematic exhibition project that intends to examine the relationship between visibility and invisibility in contemporary art based on the medium of drawing. This discussion based on the perspective of the drawing has proven itself to be fruitful because its basic ambivalence between being a preparatory work, usually a sketch, that remains invisible to the viewer, and a valid, autonomous work that encompasses the above mentioned balance between disappearance and presence. In addition, the exhibition, the concept of which is being prepared by Clemens Krümmel (Texte zur Kunst) and the draughtsman Alexander Roob, will not just present a conventional panorama of the various aspects of drawings, but rather has the goal of also clarifying traditional positions of drawings, which has previously remained in the dark.


In this regard, the historical development of the international link between drawing and reportage will play a decisive role in the exhibition. This also encompasses, aside from autobiographical and/or historical news coverage drawings that approach the narrative structure of comic strips, such heterogeneous fields as court sketches, social utopian design sketches, dream protocols and complex origami. Historical as well as contemporary examples will be included so that an abundance of art historical as well as current links to the concept of reportage drawings can be illuminated. Reportage serves here as term implying a large number of artistic practices that are explicitly related to experiences, which can be recovered from normally unseen and hard-to-reach and sites, "divings" from places where photography is forbidden, like prisons, hospitals and courtrooms, or from inner spaces of the imagination, in which planning-abstract or concrete-utopian thought can be formed.


November 27, 2004 - January 30, 2005