© Daniela Rossell

Daniela Rossell: Untitled (Ricas Y Famosas),
"Paulina with Lion", 1999
Farbphotographie 62 x 82 cm


TERROR CHIC
oder
Wenn Extreme Normalität werden


Francis Alys
, Tanja Bruguera, Heather Burnett, Miguel Calderon, Martin Fengel, Teresa Margolles, Bjorn Melhus, Cady Noland, Joshua Okon, Tracey Rose, Daniela Rossell, Collier Schorr, Santiago Sierra


Die Ausstellung "Terror Chick" ist vor dem Hintergrund folgender Überlegungen entstanden:


1. Wir leben in einer Gegenwart des crossover in allen Bereichen und auf allen Ebenen. In Politik, Wirtschaft, und Kultur ist es immer weniger wirksam, weiterhin in den Schemata eines trennenden entweder-oder-Denkens zu argumentieren. Statt dessen geht es mehr und mehr darum, in Strukturen eines vernetzten sowohl-als auch zu reflektieren.

 
2. Kunst, Mode, Popmusik, Literatur und andere Bereiche der Kultur haben deshalb seit Anfang der neunziger Jahre Techniken und Methoden eines formalen crossover weiterentwickelt: Collage, Montage, Kontext, Mix, Dekonstruktion, Morphing, Sampling. Das Ergebnis ist eine Kunst des cutting edge, die an den Schnittpunkten statt der (verschwundenen) Grenzen ansetzt und sie fokusiert.

 
3. In der Gegenwart des crossover haben sich auch die Konturen von gut und böse aufgelöst. Die neue Dimension des Bösen scheint mit traditionellen ästhetischen Mitteln, die ein künstlerischer Akt der Bannung und damit des Exorzismus, der Teufelsaustreibung waren, nicht mehr adaequat darstellbar. Formen der Groteske und der Deformation als bisher wirksamer Mittel, das Böse im Bild zu bannen, scheinen immer häufiger irrelevant zu werden, nicht mehr tauglich, die neue Dimension des Bösen adaequat in Form umzusetzen. Die Arbeiten der Brüder Jake und Dinos Chapman zum Beispiel erreichen nur noch die Wirkung eines kurzzeitigen Schauders. Selbst Picassos "Guernica", die Ikone aller bildnerischen Anklagen gegen Gewalt, kann von Sophie Matisse, der Urenkelin des Malers, in ein farbig buntes, dekoratives Wandpanorama verwandelt werden: Guernica transportiert nicht mehr den läuternden Schock, sondern elegante Dekadenz.

 
4. Wie sieht die neue Dimension des Bösen aus? Heute wird das Böse als Performance inszeniert - mit Hilfe der allgegenwärtigen Medien. Das Böse als Performance ist Terror. Terror heute ist inszenierter Terror. Er benutzt das ästhetische Modell der Performance für seine Zwecke.


An diesem Punkt setzt die Ausstellung "Terror Chic" an. Sie fragt danach, welche ästhetischen Formen heute tauglich sind, das Böse als Performance sichtbar zu machen.


Die Ausstellung "Terror Chic" zeigt Arbeiten von Künstlern, die eine neue Ästhetik des Bösen entwickeln. Sie reflektieren das Böse als Performance und machen das Moment der Inszenierung des Terrors sichtbar, in dem sie seinen dämonischen "Chic" (sein Styling) visualisieren.


Die Künstler der Ausstellung "Terror Chic" versuchen, sich den diffusen, vieldeutigen neuen Gesichtern des Terrors anzunähern. Diese gleichen keineswegs nur entstellten Fratzen des Hässlichen und des Bösen, sind also durch die traditionelle Ästhetik des Hässlichen und des Bösen identifizierbar, sondern bedienen sich ebenso der Codes des Schönen, des Glamours und des Chic.


Die Künstler der Ausstellung "Terror Chic" machen sichtbar, wie in einer immer virtuelleren Welt das Böse zur Performance wird.


Kurator: Eva Karcher


Ausstellungsdauer: 12.9. - 1.11.2003


Galerie Sprüth Magers
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