© Thomas Locher


Thomas Locher
Die Rechnung. Die nicht aufgeht.



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Die Galerie Reinhard Hauff freut sich, ihre vierte Ausstellung mit dem in Berlin lebenden Künstler Thomas Locher (*1956) eröffnen zu können. In seinen Arbeiten interessiert sich Thomas Locher für prinzipielle Grundlagen und Regeln des menschlichen Zusammenlebens wie z. B. die Grammatik oder das Recht, die universell und unumstösslich wirken, dabei aber zugleich über ein grosses fiktionales Potential verfügen.


Ausgehend von der Frage der "Gabe", in der der französische Philosoph Jacques Derrida ein Phänomen sieht, das es gibt und nicht gibt zugleich und das sich begrifflich nicht als ein Prinzip fassen lässt, versucht Thomas Locher in der Ausstellung "Die Rechnung. Die nicht aufgeht." unterschiedliche Aspekte des Ökonomischen im Verhältnis zur Sprache zu thematisieren: Geld, Kredit, Glaubwürdigkeit, Menschlichkeit, Zeichen, Wert, Zirkulation, Tausch, Austausch, usw... . Denn analog zur Ökonomie, die immer einen Überschuss an Waren, Dingen und Energien produziert, produziert Sprache einen Überschuss an signifikanten Bedeutungen, der möglicherweise auch ohne Bedeutung ist, der nicht mehr austauschbar ist, der wie ein Rest übrigbleibt.


In der Ausstellung zeigt Thomas Locher auf einer posterartigen Wandarbeit zwei unterschiedliche Serien an neuen Text-Bild-Arbeiten. Durch die Wandarbeit, die mit Ansichten verschiedener "kommerzieller" Räume bedruckt ist, werden die beiden Serien visuell und kontextuell zusammengeführt. Nur ein Teil der nüchtern und profan wirkenden Räume ist architekturhistorisch erkennbar als die Hauptverwaltung der in den späten 30er Jahren gebauten Johnson Wax Company von Frank Lloyd Wright.


Die Text-Bild-Serie "GIFT. TO GIVE. GIVING. GIVEN. GIFT, IF THERE IS ANY...(J.D.)" besteht aus allgemein zugänglichen Medienbildern, die vorwiegend das Motiv des Gebens, der Übergabe, Gesten der Handreichung etc. beinhalten. Diesen Bildern stellt Locher handschriftlich bearbeitete Textfragmente gegenüber, die Jacques Derrida's Schrift "Donner le temps" entnommen sind, in der sich Derrida mit der Gabe als widersprüchlichem Phänomen auseinandersetzt. Nach Derrida ist die Gabe mit der Fähigkeit versehen, die Zirkulation, den Kreislauf des Ökonomischen zu befragen. Denn damit die Gabe überhaupt Gabe ist, darf sie nicht zirkulieren, sie darf sich nicht in den Prozessen des Tauschs verschleissen lassen. Damit aber irgendetwas getauscht werden kann, muss es vorher gegeben worden sein. Unentschieden zwischen Geben und Nehmen wohnt der Gabe somit eine Zeit inne, in der das Gegebene auf einen späteren Zeitpunkt der Rückgabe, der Verpflichtung zur Erstattung verweist. Sie ist also ein Supplement, das sich in den ökonomischen Bereichen um Kredit, Schuld, Wechsel und Glaubwürdigkeit voll entfaltet.


Zusammen mit diesen um den Begriff der Gabe kreisenden Arbeiten umfasst die Ausstellung eine weitere Serie von sechs Textarbeiten, die sich inhaltlich ebenfalls mit Themen der Ökonomie befassen. Die verschiedenen Schriften von George Bataille, Karl Marx oder Pierre Klossowski entnommenen Zitate, die quasi wie Gleichungen oder Ungleichungen funktionieren, werden bei dieser Serie jedoch nicht textuell kommentiert, sondern mit Spuren und gestischen Markierungen versehen. Unter der Farbe scheinen so Sätze hervor wie: "Wenn er gibt, erhöht er sich. Aber wie kann er sich gebend erhöhen, anstatt sich zu vermindern? Er gibt, um nicht zu empfangen, und weil er dazu fähig ist, erhöht er sich." (P. Klossowski)


Ausstellungsdauer 16.9. - 28.10.2006

Öffnungszeiten Di-Fr 14 - 19 Uhr, Sa 11 - 15 Uhr,
sowie nach Vereinbarung


Galerie Reinhard Hauff
Paulinenstrasse 47
D-70178 Stuttgart
Telefon +49 711 609 770
Fax +49 711 620 26 67
Email galerie@reinhardhauff.de

www.reinhardhauff.de





Thomas Locher
Die Rechnung. Die nicht aufgeht.



Galerie Reinhard Hauff is pleased to announce the opening of its fourth solo exhibition with the Berlin artist Thomas Locher (*1956). Locher's oeuvre observes and analyses the conduct of thought and communication, organised in accordance with the principles, rules and regulations, which structure the life of Man. By their universally accepted irrevocability, grammar and the rule of law stand for guidelines for human co-existence. At the same time, immense fictional potential is embedded in every word in our vocabulary: every word nourishes associations and analogies.


Taking the concept of "gift" as point of departure, the French philosopher Jacques Derrida observes that there is in the "giving" a "non-giving" which conceptually is difficult - or impossible - to reconcile as underlying principle. The exhibition title refers to Locher's concern with various aspects of terminology from economy mirrored in language: Money, credit, trust, signs and symbols, value, circulation, exchange, change, replacement etc. As an analog to economy with its production of a surplus of goods, things and energies, language produces a multitude and surplus of significant meanings, meanings which may also not make sense, and are therefore no longer interchangeable, can no longer be used "in exchange for, in replacement of..." and therefore remain as "left-over" word constellations, divorced of "use", divorced of "sense".


The exhibition displays two new series of text compositions on a wallpaper construct, depicting various - mainly anonymous - commercial interiors. Only the 1940's Frank Lloyd Wright building for the Johnson Wax Company can actually be identified. One series is from "Gift. To Give. Giving. Given. Gift, if there is any" (J. Derrida) and is put together from all sorts of available images from the media that visually illustrate the above citation, and also its innate contradictions. Contrasted with these formally pristine text fragments, the second series - also taken from a Derrida piece "Donner le temps" - (give your time) - consists of the philosopher's sentences annotated by the artist as he reflects and thinks out loud.


Giving, and Gift are of such nature that they interrupt the circulation dictated by economy (defined monetary value). A Gift "a thing given willingly to someone without payment" in order to be a gift - cannot circulate - cannot enter the circuit of that which is passed along. A Gift cannot be transferred or exchanged - quite in contrast to all other goods of material value. On the other hand, in order for any thing, any item, to be object of an exchange, it has to have been a-priory obtained, acquired. In this zone between giving, the given and the acquired, the authentic gift implies no expectation of return of favours, no desire, no IOY bind, no obligation. A Gift is a one way street - as opposed to a product exchanging hands in an economic circuit. Other text works in the show reflect on thoughts by George Bataille, Karl Marx and Pierre Klossowski which tend to be formulated as mathematical, logical equations and to which the artist affixes personal traces of reflection.



Exhibition 16 September - 28 October 2006

Gallery hours Tues-Fri 2 - 7 pm, Sat 11 am - 3 pm
and by appointment



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