© Torben Giehler

Nomenklatura, 2003
Acryl auf Leinwand, 244 x 304 cm


Torben Giehler
Sputnik Sweetheart



Click for English text


In seiner zweiten Einzelausstellung bei Arndt & Partner zeigt Torben Giehler fünf grossformatige Acrylgemälde, die neue bildnerische Möglichkeiten zwischen Malerei und digitaler Codierung, zwischen Repräsentation und Konstruktion erschliessen. Ausgangspunkt seiner vielgliedrigen, geometrischen Kompositionen sind Freihandzeichnungen von Landschaften oder urbanen Zentren, die er anschliessend einscannt und mithilfe von Bildbearbeitungsprogrammen am Computer umgestaltet. Die so völlig neu generierten, komplexen Bildwelten, die an Querschnitte durch 4-dimensionale Hypercuben erinnern, werden nun auf die Leinwand übertragen. Die aus diesem Prozess hervorgehenden leuchtenden rhythmischen Farbstakkati - zusammengesetzt aus zackigen Liniengefügen und sich überlagernden eckigen Flächen - verweigern eine eindeutige Stellungnahme zwischen Figuration, Abstraktion und Konkretion.


Eines der zentralen Bilder der Ausstellung verdankt seinen Titel dem im vergangenen Jahr erschienenen Roman Haruki Murakamis "sputnik sweetheart". Murakami entfaltet in diesem Roman ein Spiel mit Realität und Traumwelt, die als Parallelwelten nebeneinander existieren. Seine einsamen Helden - Grenzgänger zwischen diesen Welten - umkreisen einander wie Satelliten ohne sich dennoch jemals nahe zu kommen. "Sputnik", was im Russischen Weggefährte bedeutet, nennt eine Protagonistin Murakamis die Frau, die ihre Liebe nicht erwidern kann. Während Murakami die Distanz zwischen seinen Romanfiguren in den Vordergrund stellt, schickt Giehler den Betrachter in Schwindel-erregende Höhen über seine abstrakten architektonischen Landschaften, so dass der Eindruck entsteht, man betrachte verfremdete Satellitenaufnahmen urbaner Zentren oder den Bildschirm eines Flugsimulators.


Das abstrakte Flechtwerk aus geometrischen Flächen und Linien von pulsierender synthetischer Farbigkeit evoziert eine anonyme bauliche Umwelt ohne jegliches Anzeichen menschlichen Lebens oder einen Hinweis auf einen konkreten Ort. Zugleich erinnern die gerasterten Strukturen in Giehlers Bildern auch an Pixel. Nicht nur die sichtbaren Verkehrsnetze und architektonischen Strukturen, sondern auch die virtuellen Kommunikationsnetze, Datenhighways und das multimediale Netz scheinen in Giehlers Arbeiten zu dynamischen Kompositionen von kristalliner, scharfkantiger Klarheit zu gerinnen. Im Gegensatz zu Murakami, der die Parallelwelten seiner Protagonisten in mythische und seelische Sphären verlagert, handelt es sich bei Giehlers Darstellungen eher um Reisen in die uns umgebenden digitalen Welten, die immer mehr auch das Gesicht unserer faktischen Umwelt bestimmen.


Auch wenn der Betrachter in eine perspektivische und kontinuierliche Räumlichkeit hineingezogen wird, handelt es sich bei Giehlers Arbeiten weniger um Abbilder als um Variationen und Interpretationen der digitalen 3-D- und 4-D-Räume. Mittels eines sehr dicken präzisen Farbauftrags verleiht er seinen eindringlichen Bildern einen collagenhaften Charakter, der der perspektivischen Illusion spannungsreich entgegenwirkt. Da die vibrierenden Farben weniger auf eine äussere Realität referieren, als dass sie innerbildlichen Forderungen folgen, lassen sich Giehlers flächige, gerasterte Kompositionen ebenfalls im Zusammenhang der Konkretion in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wie z. B. den Arbeiten Piet Mondrians oder Theo van Doesburgs, verstehen. Während Mondrian die universellen geistigen Strukturen offen legte, destilliert Giehler die Gesetze der digitalisierten und virtuell generierten Realitäten und benutzt ihre Spuren als Bausteine für seine eigene Bildsprache. Seine bisweilen ironisch übersteigerten Bildwelten sind Science-Fiction und beschleunigte Wirklichkeit zugleich.


Torben Giehler wurde 1973 in Bad Oeynhausen, geboren, absolvierte sein Studium an der School of the Museum of Fine Arts of Boston, USA, und lebt und arbeitet heute in New York City. Nach zahlreichen Ausstellungen in Galerien Europas und der USA, war er jüngst in der Gruppenausstellung "Painting Pictures" im Kunstmuseum Wolfsburg vertreten. Darüber hinaus zeigte ihn das Museum für Moderne Kunst in Salamanca, Spanien, in einer umfassenden Einzelausstellung.


Ausstellungsdauer: 15.1. - 28.2.2004
Oeffnungszeiten: Di-Sa 11-18 Uhr


Galerie Arndt & Partner
Zimmerstrasse 90-91
D-10117 Berlin
Telefon +49 (0)30 280 81 23
Fax +49 (0)30 283 37 38
E-Mail arndt@arndt-partner.de

www.arndt-partner.de





Torben Giehler
Sputnik Sweetheart



In his second solo exhibition at Arndt & Partner Torben Giehler presents five large-scale acrylic paintings that explore new pictorial solutions in combining traditional painting with digital encoding, methods of representation with techniques of construction.


He begins his luminous interlaced, geometric paintings with freehand drawings of urban areas and cityscapes, which he downloads onto the computer and digitally redesigns into complex pictorial arrangements. He then transposes these newly generated compositions - sometimes resembling sectional views of 4-dimensional hypercubes - onto the canvas. This method allows Giehler to create vibrating rhythmical grids of colour that are made of vigorously jagged lines and superimposed angular shapes. Thus he refuses any categorisation of his work into figuration, abstraction, or Concrete Art.


One of the central paintings in the exhibition is titled after the novel "sputnik sweetheart" by Haruki Murakami, published last year. In this novel Murakami plays with reality and dream – two worlds, which he considers existing parallel to one another. His characters are lonely travellers between theses worlds and circle around one another like satellites without ever managing to get close to one another. "Sputnik", meaning "companion" in Russian, is the nickname that one of Murakami's female protagonists gives to the woman she longingly loves, but who is unable to love her back. Whereas Murakami places emphasis on the distance between his characters, Giehler sends the viewer into dizzying heights above his abstract architectonic landscapes, creating an impression of looking at manipulated satellite photos of dense urban areas or at the computer screen of a flight simulator.


Giehler's abstract colourful arrangements of interwoven geometric shapes and lines evoke anonymous architectural environments without any indication of human life or any reference to specific places. At the same time, his screened structures are reminiscent of pixels. Giehler's dynamic compositions seem like crystallizations of visible transportation networks and urban structures, as well as of virtual communication networks, information highways, and multi-media systems. In contrast to Murakami, who transposes the parallel worlds of his protagonists into mythical and spiritual spheres, Giehler travels through the ubiquitous digital worlds that increasingly shape the face of our environment.


Even though the viewer is drawn into a coherent space, Giehlers paintings display variations and interpretations rather than representations of digital 3-D or 4-D spaces. Due to the precise and multi-layered application of paint, he achieves a collage-like effect that counteracts any perspective illusion. His vibrating synthetic colours follow pictorial demands rather than refer to an exterior reality. In this sense Giehler's grid arrangements may also be read in the context of Concrete Art in the first half of the 20th century, for example works by Piet Mondrian or Theo van Doesburg. While Mondrian unfolds the universal spiritual structures, Giehler extracts the laws of our digitalised and digitally generated realities and employs them like modules for his own pictorial language. His sometimes ironically exaggerated worlds are both: science-fiction and today's sped-up reality.


Torben Giehler was born in 1973 in Bad Oeynhausen, Germany, graduated from the School of the Museum of Fine Arts of Boston, USA, and now lives and works in New York City. Having exhibited in numerous American and European galleries, his work was lately included in the exhibition "Painting Pictures" at the Kunstmuseum Wolfsburg. Moreover Giehler recently had an extensive solo show at the Museum of Contemporary Art of Salamanca, Spain.


January 15 - February 28, 2004