© Andro Wekua
© Andro Wekua

und / oder / aber
11 Positionen zur Zeichnung

Marc Bauer, Sabina Baumann, Silvia Buonvicini, Annelise Coste, Bernhard Fruehwirth, Marcel Gähler, Tom Menzi, Zuzana Ponicanova, Roland Ruess, Christian Vetter, Andro Wekua

Die Ausstellung "und/oder/aber" vereinigt elf Positionen zur Zeichnung. Die Auswahl umfasst die ganze Breite von Darstellungen sowohl von sichtbarer Realität wie von fiktiven Inhalten. Gemeinsam ist allen ein erzählerisches Moment. Die Aufmerksamkeit gilt dem zeichnerischen Akt, der einen Gedanken oder eine Empfindung oder dergleichen Gestalt annehmen lässt. Die Ausstellung ist der Versuch einer kleinen (selbstverständlich unabgeschlossenen) Poetik der Zeichnung.

UND_Das Wesen der Zeichnung besteht zuerst einmal in ihrer einzigartigen Verbindung von Form (oder: Strich) mit Bedeutung. Es entsteht eine Art von Mehrwert, wenn sich eine Idee in einer bestimmten Ausformung materialisiert. Im Unterschied zur Sprache ist die Bedeutung vom materiellen Vorhandensein gerade nicht trennbar. Es ist eigentlich sogar so, dass die Bedeutung erst im Moment des Zeichnens entsteht. Sie muss auch gar nicht zwingend sprachlich formuliert werden können. Oft bleibt der Sinn nur vage angedeutet - und dennoch in seiner materiellen Fixierung deutlich wahrnehmbar. Eine andere als die rein verstandesmässige Wahrnehmung von Sinn wird beansprucht.

ODER_Das ist wohl das Faszinierende an der Zeichnung: Die Konzentration auf Wesentliches, diese Kunst in Rohform. Die Zeichnung ermöglicht ästhetische Erfahrung in verknappter Form. Sowohl Sinnproduktion wie auch Wahrnehmungsprozesse können so verdeutlicht werden. Und gerade weil die Zeichnung ihre einzigartige Existenz behauptet (genauso und nicht anders ist sie sichtbar vorhanden), kann sie nur als etwas Vorläufiges bestehen. Die bestimmte Formulierung verlangt nach einer anderen, die sich von ihr unterscheidet. Die Zeichnung ist eine Momentaufnahme, insofern sie nicht Anspruch auf Ausschliesslichkeit erhebt, was eigentlich nie der Fall ist. Zeichnungen sind so gesehen Variationen von kleinen Tatsachen.

ABER_Man ist vielleicht versucht, der Zeichnung grössere Authentizität zuzusprechen, als man es in der Regel anderen bildnerischen Medien tut. Auf Kinderzeichnungen beispielsweise mag das vielleicht zutreffen; keine der in der Ausstellung gezeigten Zeichnungen ist jedoch authentisch im Sinne von etwas Ursprünglichem, nicht Veränderbarem oder gar Unreflektiertem. Alle
diese KünstlerInnen haben einen (zumindest grossenteils) bewussten Umgang mit ihrer Ausdrucksweise. Sie spielen mit Handschriftlichkeit, verschiedenen Versatzstücken von Bildsprachen ebenso wie mit dem unterkühlten, verallgemeinerten Strich einer Computerzeichnung. Die verschiedenen Schriftzüge der KünstlerInnen auf der Einladungskarte sind denn auch kein graphologischer Nachweis der authentischen Persönlichkeit, sondern vielmehr die Verdichtung einer bewusst eingesetzten Zeichensprache.

(Text: Christian Vetter, Kurator)

Ausstellungsdauer: 1.9. - 29.9.2001
Oeffnungszeiten: Do-Sa 14 - 18 Uhr

Stiftung Binz39
Sihlquai 133
8005 Zürich
Telefon 01 271 18 71