© Uwe Wittwer


Uwe Wittwer
Swimming at South China Beach



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Nach der erfolgreichen Einzelausstellung von Uwe Wittwer im Kunstmuseum Solothurn, welche ab dem 30. September im Ludwig Forum in Aachen zu sehen sein wird, zeigt die Fabian & Claude Walter Galerie in Zürich neue Arbeiten des Schweizer Künstlers. Im Zentrum der Ausstellung steht eine Serie von Inkjet-Arbeiten mit dem Titel "Monsun II". Ausserdem werden Aquarelle sowie eine von dem Künstler eigens für die Ausstellung geschaffene Wandarbeit gezeigt.


Im theoretischen Diskurs zu Uwe Wittwers Werk ist in den vergangenen Jahren immer wieder der Begriff der Erinnerung an zentraler Stelle aufgetaucht. So auch in dem zu den Ausstellungen in Solothurn und Aachen erschienenen Buch, in welchem der Berner Kunstkritiker Konrad Tobler von den Inkjet-Arbeiten Wittwers als "Erinnerungsbilder" spricht und der deutsche Kunsthistoriker Harald Kunde die Gemälde Wittwers als von einer "Patina des Gewesenen" überzogen wahrnimmt.


Im Laufe der letzten 150 Jahre hat sich die die Fotografie als vorherrschender bildnerischer Träger von Erinnerung etabliert. Indem sie einen flüchtigen Moment scheinbar adäquat und mit immer geringerem Aufwand auf Papier bannt und somit für die Zukunft bewahrt, scheint sie hierfür nach wie vor ein ideales Medium zu sein. Auch Uwe Wittwer geht in seinen Arbeiten oft von Fotografien aus, so etwa in der ausgestellten Serie "Monsun II", welche auf Aufnahmen basiert, die während des Vietnamkrieges von amerikanischen Soldaten geschossen wurden und nun auf Veteranenwebsites im Internet publiziert sind.


Diese fotografischen Vorlagen werden von Uwe Wittwer durch vielfältige Eingriffe wie die Wahl von Ausschnitten, die Veränderung der Farbe und Kontraste oder die Reduzierung der Schärfe einem komplexen Verfremdungsprozess unterzogen. Eine Transformation, welche ihre Parallelen in den vielfältigen Prozessen findet, welche sich in der menschlichen Erinnerung abspielen: auch hier sind die Bilder nicht fix, sondern verändern sich, werden überlagert, verzerrt, verlieren oder verändern ihre Farbigkeit und werden von neuen Blickwinkeln aus wahrgenommen.


Dementsprechend sind Uwe Wittwers Erinnerungsbilder trotz der figurativen Darstellung oft mehrdeutig. Weder Ort und Zeit des Dargestellten lassen sich klar bestimmen, so wie auch das menschliche Erinnerungsvermögen Bilder aus der Vergangenheit oft nur vage verorten kann. Die menschliche Erinnerung wird bei Wittwer als das verstanden, was sie ist, nämlich ein Labyrinth von unzähligen Verbindungen, Verzweigungen und Irrwegen, in welchen sich die Ereignisse der Vergangenheit ständig neu koordinieren.


Die Technik des Inkjet-Drucks eignet sich mit ihrem Zusammenspiel kleinster Farbpartikel ganz besonders zur Visualisierung des komplexen Erinnerungsgefüges, welches sich ebenfalls aus unendlich vielen einzelnen Fragmenten zusammenfügt. Dabei mischen sich Versatzstücke kollektiver Erinnerung mit solchen persönlicher Erfahrung. So gehen die Drucke aus der "Monsun II"-Serie von den sehr persönlichen Erinnerungen von Kriegsveteranen aus, welche in ihrer Gesamtheit wiederum einen Teil des kollektiven Gedächtnisses bilden.


Die Grausamkeit des Krieges ist in diesen Bildern allenfalls latent spürbar, einige davon wirken eher wie Urlaubsbilder oder Schnappschüsse aus dem Familienalbum. Diese assoziative Mehrdeutigkeit findet seine Entsprechung in dem von dem Künstler gewählten Titel der Ausstellung, "Swimming at South China Beach". China Beach, ein rund 30 km langer Strand in der Nähe der vietnamesischen Stadt Danang, diente während des Vietnam-Krieges den amerikanischen und australischen Streitkräften als ein inmitten des Kriegsgebietes gelegenes Naherholungsgebiet. Die für diese Nutzung charakteristische eigentümliche Mischung von Kriegsalltag und Urlaubsstimmung findet sich in den Aufnahmen von Veteranen und den Bildern von Uwe Wittwer wieder.


Mit seiner ganz eigenen künstlerischen Sprache und der optimalen technischen Verbindung von digitaler Bildbearbeitung und Inkjet-Druck ist es Uwe Wittwer gelungen, eine neue Variante der Vermittlung von Erinnerung zu schaffen, welche der Komplexität und Vielschichtigkeit dieses psychologischen Phänomens in grösstmöglichem Masse gerecht wird.


Neben der Technik des Inkjets auf Aquarellpapier, welche Uwe Wittwer seit 1999 zusammen mit seinem Mitarbeiter Kevin Mueller in intensiver Entwicklungsarbeit perfektioniert und für grosse Formate adaptiert hat, entwickelt der Künstler auch die Gattungen der Öl- und Aquarellmalerei kontinuierlich weiter.


Durch die Gegenüberstellung von Aquarellen aus den frühen 90er Jahren und aktuellen Arbeiten ermöglicht die Ausstellung in der Fabian & Claude Walter Galerie einen Einblick in die Entwicklung, welche diese Technik im künstlerischen Schaffen Uwe Wittwers erfahren hat. Beibehalten wurde das charakteristische Grossformat, in welchem der Künstler der traditionell diminutiv interpretierten Aquarelltechnik zu einem neuen, überzeugenden Selbstbewusstsein verholfen hat. Auch die atmosphärische Offenheit und assoziative Spannung lassen sich sowohl in Arbeiten aus den frühen 90er Jahren, als auch in den aktuellen Werken aus der Camp-Serie beobachten. Wie der Name ahnen lässt, beziehen sich auch die Arbeiten dieser Serie auf das Leben in den militärischen Lagern Vietnams.


Einige der aktuellen Aquarelle sind geprägt von einem starken Hell-Dunkel-Kontrast, welchen der Künstler selbst als Blendung bezeichnet. Tatsächlich wird der Betrachter dieser Werke geblendet, nicht nur durch die starke Lichtwirkung, sondern auch im Hinblick auf die Gleichzeitigkeit von intensiver Präsenz und suggestiver Rätselhaftigkeit, die Uwe Wittwers Werke eigen ist.


Zu der Ausstellung erscheint die Publikation "Monsun I-III" mit einem Text von Dr. Markus Stegmann.


Das zu den Ausstellungen in Solothurn und Aachen erschienene Buch "Uwe Wittwer. Geblendet - Werke 1990-2005 / Dazzled - Works 1990-2005" mit Texten von Christoph Vögele, Harald Kunde, Konrad Tobler und Adrian LeBlanc sowie acht Gedichten von Klaus Merz wurde im Kehrer Verlag Heidelberg 2005 publiziert.


Ausstellungsdauer: 27.8. - 22.10.2005
Öffnungszeiten: Di-Fr 12 - 18 Uhr, Sa 11 - 16 Uhr und nach Vereinbarung


Galerie Fabian & Claude Walter
Limmatstrasse 270
8005 Zürich
Telefon 044 440 40 18
Fax 044 440 40 19
Email galerie@fabian-claude-walter.com

www.fabian-claude-walter.com





Uwe Wittwer
Swimming at South China Beach



After Uwe Wittwer's successful solo exhibition at the Kunstmuseum Solothurn - which will be shown at the Ludwig Forum in Aachen from September 30 on - the Fabian & Claude Walter Gallery will present new works of this Swiss artist. The exhibition's focal point will be a series of inkjet works titled "Monsun II" as well as watercolours and a mural, especially made for this show.


In recent years' theoretical discourse on Uwe Wittwer's work the term "memory" has popped up again and again as a central subject. This is also the case in a book published along with the exhibitions in Solothurn and Aachen, in which Swiss art critic Konrad Tobler writes about Wittwer's inkjet works as "remembrance images", and German art historian Harald Kunde perceives Wittwer's paintings as coated with a "patina of what once was".


In the course of the past 150 years photography has established itself as the predominant visual carrier of memory. In that it captures, seemingly adequately and more and more effortlessly, a fugitive moment on paper and preserves it for the future, it still seems to be the ideal medium for that. In his works, Uwe Wittwer too takes photographs as a starting point; for instance in the series "Monsun II" - shown here - based on photographs taken by GIs during the Vietnam War, and now published on veterans' websites on the Internet. This photographic material is being transformed by Uwe Wittwer in a complex process of alienation through interventions like the choosing of details, the manipulating of colour and contrast, or the reduction of sharpness. This transformation finds its parallels in the manifold processes which go on in the realms of human memory: here too pictures are not definite, but subject to change, are being overlayed, distorted, lose or change their colourfulness, and are being perceived from new perspectives.


Accordingly, Uwe Wittwer's remembrance images often are ambiguous, in spite of their figurative representation. Neither place nor time of the depicted are clearly to be determined, in the same way as the human memory often cannot precisely locate images from the past. With Wittwer, human powers of recollection are being understood as what they are, namely a maze of numberless connections, ramifications and wrong tracks in which events of the past permanently coordinate themselves anew.


Inkjet technology with its interplay of the most minute colour particles is particularly suitable for the visualization of the complex memory structure, which is fitted together out of indefinitely many fragments. Pieces of collective recollection mix with those of personal experience, as in "Monsun II", where very personal memories of war veterans in their entirety form a part of collective remembrance.


In these pictures the brutality of war at most is perceptible latently; some of them look rather like vacation snaps, or snapshots from the family album. This associative ambiguity finds its analogy in the exhibition title, as chosen by the artist, "Swimming at South China Beach". China Beach, a stretch of beach about 30 kilometers long near the Vietnamese city of Danang, served US-American and Australian forces as a recreation area located amidst the war zone. The peculiar mix of war atmosphere and vacation mood, characteristic of this kind of camp, is to be found again in the veterans' photographs as well as in the pictures of Uwe Wittwer.


With his personal imagery and metaphor, and the optimum technical connection of digital processing and injekt print, Uwe Wittwer has succeeded to create a new variation on the conveying of memories, which does perfect justice to the complexity of this psychological phenomenon.


Aside from the technology of inkjet on watercolour paper, which Uwe Wittwer - along with his collaborator Kevin Mueller - has thoroughly studied, perfected and adapted for large formats, the artist also continually develops oil and watercolour painting.


By putting watercolours from the early 90s opposite recent works the exhibition at the Fabian & Claude Walter Gallery makes it possible to get an insight into the development of this technology within Uwe Wittwer's creative work. What was kept is the characteristic large format with which the artist has given the traditionally diminutively interpreted watercolour technique a new, convincing self-consciousness. Also the atmospheric openness and associative tension can be observed in both the works from the early 90s and the recent works from the "Camp" series. As the title suggests, the works of this series also is concerned with life in the military camps in Vietnam.


Some of the recent watercolours are marked by a strong chiaroscuro contrast, which the artist himself describes as dazzling. Indeed the viewer of these works is being dazzled, not just by the strong action of light, but also in view of the simultaneousness of an intensive presence and a suggestive mysteriousness which is characteristic of Uwe Wittwer's works.


Publication "Monsoon I-III", with a text by Dr. Markus Stegmann.


The book that accompanied the Solothurn and Aachen exhibitions, "Uwe Wittwer. Geblendet - Werke 1990-2005 / Dazzled - Works 1990-2005" with contributions by Christoph Vögele, Harald Kunde, Konrad Tobler, and Adrian LeBlanc as well as eight poems by Klaus Merz has been published by Kehrer Verlag, Heidelberg 2005.


Exhibition: August 27 - October 22, 2005
Gallery hours: Tues-Fri noon - 6 pm, Sat 11 am - 4 pm