© Vera Ida Müller

Formation 7, 2006
Öl auf Leinwand, 100 x 120 cm


Vera Ida Müller


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"Erinnerung und Traum sind wichtige Grundlagen meines malerischen und plastischen Schaffens. Mein bisweilen 'parasitäres Verhalten' gegenüber den hinterlassenen Spuren der realen Welt ermöglicht mir das Generieren eines Netzwerkes, welches eine innere und äussere Welt miteinander verbindet." Mit diesen Worten fasste Vera Ida Müller in der Einleitung eines gemeinsamen längeren Gesprächs im März 2006 ihre Arbeit zusammen. Die Malerei begleitete damals auch ein dreidimensionales, von ihr gebautes Modell, das gleichzeitig als Installation, aber auch als Inspirationsquelle und gedankliches Archiv funktionierte.


Die Archive sind geblieben, auch in den neusten Arbeiten. Ihre Erinnerungen und Träume, von denen sie oftmals Ausschnitte in ihren Arbeiten umsetzt, funktionieren wie Architekturpläne oder Filme, die sich nähern und wieder verschwinden. Wie wenn sich eine schwere Tür zu einem geheimen, persönlichen Archiv kurz öffnet und nach wenigen Augenblicken wieder schliesst. Dabei ist ihr durchaus bewusst, dass alle Gedanken Eigenkreationen sind, der Mensch sozusagen das Produkt seiner Gedanken ist, denen nicht ausgewichen, mit welchen vor allem umgegangen werden kann.


Was in der Malerei zu sehen ist, ist die Verdichtung all der Gedanken, Erinnerungen und Träume. Das erinnert an eine Schlüsselstelle aus Marcel Prousts Roman "À la recherche du temps perdu", wo es heisst: "Sobald ich den Geschmack jener Madeleine wiedererkannt hatte, die meine Tante mir, in Lindenblütentee eingetaucht, zu verabfolgen pflegte (...), trat das graue Haus mit seiner Strassenfront, an der ihr Zimmer sich befand (...) hinzu, und mit dem Haus die Stadt, der Platz, (...) die Strassen, (...) die Wege, die wir gingen, wenn schönes Wetter war." Auf Vera Ida Müllers Bildern ist ebenfalls ein Haus zu sehen - nicht dasjenige aus Prousts Roman, sondern eines aus ihrer Erinnerung. Das Haus, ein Vorgarten und eine Strasse werden von Gedankensplittern aus weiteren Situationen überlagert. Wie bei der Fortsetzung eines Films tauchen in den verschiedenen Bildern einzelne Sequenzen - ein Fenster, eine Wand oder ein Eindruck - wieder auf, doch diesmal seitenverkehrt oder beinahe unkenntlich in die Komposition verwoben.


Und dann sind in den Bildern immer wieder auch Elemente zu erkennen, deren Bedeutung unklar bleibt, kreisende Linien, die zu rotieren scheinen und aus denen sich neue Ideen formen, die Erinnerungen verbinden und die Anlass sind zu neuen Bildfindungen. Ähnlich zusätzlichen Handlungssträngen, die eine stockende Geschichte weiter entwickeln lassen. Vera Ida Müller entwickelt keine Geheimsprache, sie malt das, was sich in ihrem Innersten und, damit verbunden, in ihrer Umgebung abspielt.


Denn die Bilder sind nicht der Spiegel einer intellektuellen, sie sind vor allem Ausdruck einer körperlichen Erfahrung. Das ist den Bildern anzusehen; in ihrer Dichte, ihrer Informationsfülle erscheinen sie auch wie zweidimensionale Installationen, die den Bilderrahmen jeden Augenblick sprengen wollen.


Ausstellungsdauer 10.11. - 28.12.2007

Oeffnungszeiten Mi-Fr 14 - 18.30 Uhr, Sa 10 - 16 Uhr und nach Verabredung


Galerie Römerapotheke
Langstrasse 136
8004 Zürich
Telefon +41 (0)43 317 17 80
Fax +41 (0)43 317 17 90
Email gallery@roemerapotheke.ch

www.roemerapotheke.ch





Vera Ida Müller


"Memory and dream are fundamental to my painted and plastic creations. So far I've been drawing, like a parasite, on the traces left by the real world. And I've been using them to generate a network linking an inner and an outer world." Vera Ida Müller chose these words to summarize her work at the beginning of a long conversation I had with her in March 2006. At the time, the painting was accompanied by a three-dimensional model which she had built herself. It was an installation, but it also served as a source of inspiration and archive of ideas.


The archives are still there, even in her latest works. Her memories and dreams, snatches of which she often embodies in her works, serve as architectural drawings or close-ups in films, which then fade out. It is as though a heavy door to a secret, private archive swings briefly open and, seconds later, slams shut. She is well aware, of course, that all ideas are personal creations. Human beings are, as it were, the product of their ideas: ideas which they cannot avoid, but with which they can and do engage.


What painting portrays is the distillation of all these ideas, memories and dreams. The notion is reminiscent of a seminal passage from Marcel Proust's novel "À la recherche du temps perdu", which reads, "No sooner had I recognized the taste of the Madeleine biscuits which my aunt used to administer to me, dipped in lime blossom tea, (...), than the grey house where her room fronted on to the street (...) came to mind, and with it the town, the square, (...) the streets, (...) the ways we used to take in fine weather." Vera Ida Müller's pictures likewise portray a house - not the one in Proust's novel, but one from her own memory. The house, a front garden and a street are overlaid with fragments of ideas from other situations.


As in a continuing film, individual sequences recur in her paintings - a window, a wall or an impression. But the next time they are sidelined or interwoven in the composition and almost unrecognizable. Other elements constantly re-emerge in the pictures, though their significance remains unclear. There are circling lines which seem to spin, and which trigger new ideas, bring memories together and prompt new pictorial discoveries. They are like further twists of the plot which lend new impetus to a story which had lost its way.


Vera Ida Müller invents no coded language. She paints what is going on in her innermost self and - related to this - what is happening around her. Her pictures mirror no intellectual experience. They deal, above all, with the physical. This is manifest in the pictures themselves, in their density. In the abundance of the information they convey, they are even comparable to 2D installations, ready to leap from their frames at any moment.


Author: Dr. Simon Baur, Basel, 2007


Exhibition 10 November - 28 December 2007

Gallery hours Wed-Fri 2 - 6:30 pm, Sat 10 - 4 pm, and by appointment