Yolande Schneiter: Projekt Soror, F.L.A.S.H. #3

Yolande Schneiter
PROJEKT SOROR, F.L.A.S.H. #3


Ernst in der Haltung, ansonsten in eher zufälligen, wie überraschend entdeckten Konstellationen stehen zwei junge Frauen im ruhigen Querformat eines Fotos zueinander, schauen ins Objektiv oder vor sich hin. Das angestrengt lockere Posieren der Models, wie es von jungen Mädchen im Automaten imitiert wird, ist hier schnell vergessen. Die Blicke sind forschend und leer, die Szene ein Fotostudio und existentialistische Bühne zugleich. Jeder Moment vor einer Kamera gefriert letztlich zur Pose; die vorsätzliche Zurücknahme aller Expressivität, die strenge Vermeidung von Kostümen und Kulissen ist jedoch eine ungewohnte Verschliessung des Bildes in sich selber aus. Yolande Schneiters Aufnahmen provozieren eine beunruhigende Ambivalenz zwischen Beiläufigkeit und höchster Künstlichkeit.

Die beiden Frauen sehen sich irritierend ähnlich. Noch sind wir gewiss, dass wir zwei Schwestern und nicht Produkte der Humangenetik vor uns haben. Für einen kurzen Augenblick entsteht bei diesen Momentaufnahmen dennoch jene Irritation, welche vom Wissen um neue Techniken der Bildverarbeitung ausgeht. Schliesslich liesse sich jede Existenz mit einem Tastendruck optisch vervielfachen.

Yolande Schneiter und ihre Schwester haben sich bei verschiedenen Gelegenheiten schlicht mit Selbstauslöser aufgenommen, wobei die Rolle der Bild-Auslöserin jeweils verteilt wurde. Die Künstlerin beschränkt digitale Manipulationen ihrer Fotografien auf das Retuschieren einzelner Details und auf die Klärung des Hintergrunds. Nicht zuletzt klingen Erfahrungen einer Malerin in diesen Tableaus nach.

Erst die gegenseitige Vertrautheit der Fotografierten erlaubt hier jene Freiheit gegenüber der Fotografie, welche die Stereotypen des Mediums für Augenblicke aussetzt. Der Romantik galt das Motiv des Doppelgängers als Metapher für einen unendlichen Regress der Reflexion. In den Arbeiten Yolande Schneiters beginnt die Reflexion bei einem unerwarteten Aussetzen des Spiegels und damit der Oeffnung der Identität nach sozialen Dimensionen, welche Betrachterinnen und Betrachter einbezieht. Das alte Szenario der Bildbetrachtung wahrt gleichzeitig die Intimität.

(Hans Rudolf Reust)

Ausstellungsdauer: 13.9.2000 - 5.1.2001
Oeffnungszeiten: Di - Fr 12-17 Uhr

Coalmine-Fotogalerie
im Volkarthaus
Turnerstrasse 1
8401 Winterthur
Telefon 052 268 68 68

Das Volkarthaus befindet sich gegenüber dem Hauptbahnhof, links hinter der Hauptpost.