© Melanie Bonajo & Kinga Kielczynska

Melanie Bonajo & Kinga Kielczynska: Metamemory, 2007
from the series "Modern Life of the Soul"
C-print


Disguised

Laylah Ali
, Melanie Bonajo, Kinga Kielczynska, Heidi Bucher, Yael Davids


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Verkleiden, verschleiern, verhüllen, verdecken - das englische Wort disguise lässt sich vielfältig ins Deutsche übersetzen. Während in unserer heutigen Gesellschaft praktisch alles schonungslos offen gelegt und analysiert wird, das Private ans grelle Licht der Öffentlichkeit gezerrt wird und auch die letzten Tabus zu fallen drohen, ist als Gegenbewegung vermehrt ein Rückzug - als Verteidigung und Schutz, als alternatives Lebensmodell oder als Form der Kritik - zu beobachten. In der Ausstellung "Disguised" stellt Rotwand verschiedene Positionen vor, welche sich mit dieser Thematik auseinandersetzen: auf politische, gesellschaftliche oder private Weise.


Die mit Tusche gezeichneten, kleinformatigen Figuren von Laylah Ali (*1968, Buffalo NY) haben etwas Stereotypes und Cartoonhaftes. Versteckt hinter dem leicht abstrahierten, mitunter "naiven" Zeichnungsstil werden Geschichten angedeutet, aber nicht zu Ende erzählt. Verhüllt in den exotisch anmutenden, mit reichhaltigen Details gezeichneten Gewändern und Haarprachten der Figuren sind die Charaktere nicht wirklich lesbar, bleiben leer und kommen uns gleichwohl seltsam vertraut vor. Alis Arbeiten oszillieren oft zwischen Zuneigung und Gewalt und handeln von Fragen der Rassen-, Klassen- und Geschlechterzugehörigkeit sowie der Machtverteilung.


Melanie Bonajo (*1978, Heerlen) und Kinga Kielczynska (*1972, Warschau) dokumentieren in ihrem gemeinsamen Projekt "Modern Life of the Soul" mit Fotografien die Existenz eines fiktiven, heiligen Kultes an der Ostgrenze Polens. Im Glauben, dass sich die heutige Leistungsgesellschaft mit dem Recht des Stärkeren und des in Egoismus sich wandelnden Individualismus auf dem Irrweg befindet, wenden sich die Anhänger des Kultes von der gängigen Darwin'schen Evolutionstheorie ab. Sie sind der Überzeugung, dass die Menschheit eigentlich von den Pflanzen abstammt und leben darum wie diese zurückgezogen in einem urzeitlichen Wald.


Verborgenes, teilweise Intimes bringt Heidi Bucher (*1926 Winterthur, †1993 Brunnen) in den präsentierten Arbeiten an die Oberfläche. Ein Bettlaken mit Kopfkissen, ein Negligé, ein Zierkissen wurden von der Künstlerin in Latex getaucht und dadurch einbalsamiert, verhüllt, konserviert - ein Einfrieren der Zeit, doch zugleich flüchtig und vergänglich durch die Wahl des nicht für die Ewigkeit gemachten Materials. Vergangenes bleibt und wird dennoch abgestreift, in permanenter Metamorphose. Mitten in der Galerie steht ein aufgewinkeltes Fenster exemplarisch für ihre gehäuteten Wohnräume. Das Fenster ist noch verhüllt, die Latexhaut noch nicht abgezogen, das Geheimnis vergangener Zeiten klebt fest an den Gläsern.


Yael Davids (*1968, Kibbutz Tzuba) isoliert in ihren Arbeiten oft einen bestimmten Körperteil, bringt ihn in ungewohnte, manchmal komisch skurrile Situationen und löst dadurch beklemmende Gefühle und Assoziationen aus. In der gezeigten Videoarbeit "Face" steht das Gesicht im Mittelpunkt. Ganz langsam, fast unmerklich bewegt sich die Haarpracht um das Gesicht, verdeckt die Augen, den Blick, gibt ihn wieder frei, verhüllt ihn wieder - in einer endlosen 360º-Schlaufe. So sehr man auch versucht die Person zu erfassen, sie entschwindet wieder und wieder durch die Bewegung der Haare. Das rotierende Haar gibt immer wieder andere Blicke auf das Gesicht frei, löst viele Assoziationen aus und lässt dennoch nicht zu, es ganz zu begreifen.


Ausstellungsdauer 29.3. - 9.5.2008

Oeffnungszeiten Mi-Fr 14 - 18 Uhr, Sa 11 - 16 Uhr
und nach Verabredung


Rotwand
Sabina Kohler & Bettina Meier-Bickel

Rotwandstrasse 53
8004 Zürich
Telefon/Fax +41 (0)44 240 30 55
Email info@rotwandgallery.com

www.rotwandgallery.com



Disguised

Laylah Ali
, Melanie Bonajo, Kinga Kielczynska, Heidi Bucher, Yael Davids


While in today's society almost everything is unsparingly laid bare and analyzed, the private sphere made glaringly public and the last taboos threatened with extinction, a countermovement can increasingly be observed that takes a step back: as a defense and safeguard, as an alternative model of life or as a form of criticism. In the exhibition "Disguised", Rotwand presents different positions that take up this theme: in a political, social or private manner.


The figures drawn in Indian ink by Laylah Ali (*1968, Buffalo NY) have something stereotype and cartoon-like about them. Latent behind the slightly abstract, sometimes "naïve" drawing style, are stories that are hinted at but not narrated to completion. The characters - enveloped in exotic-seeming, richly detailed robes and magnificent shocks of hair - are not really legible, remain empty and yet seem strangely familiar to us. Ali's works often oscillate between affection and violence and deal with questions of race, class and gender affiliation, as well as with the distribution of power.


In their common project "Modern Life of the Soul", Melanie Bonajo (*1978, Heerlen) and Kinga Kielczynska (*1972, Warsaw) document photographically the existence of a fictional, sacred cult at Poland's east border. In the belief that today's achievement-oriented society - with its "unequal" rights of the stronger and an individualism on the way to egoism - has taken a wrong course, the followers of this cult are turning their back on Darwin's usual theory of evolution. They are convinced that humanity has actually originated from plants and thus, like them, live their own lives in a secluded, primeval forest.


The hidden and sometimes intimacy come to surface in the works by Heidi Bucher (*1926 Winterthur, †1993 Brunnen). The artist has dipped a bed sheet and pillow, a negligee and an ornamental cushion into latex and thus embalmed, disguised and conserved them - frozen in time, yet at the same time fleeting and transient insofar as the material was not made for eternity. Bygone days remain and yet are shed in an ongoing metamorphosis. In the midst of the gallery an unhinged window stands exemplarily for the artist's flayed living rooms. The window is still shrouded, the latex skin not yet peeled away; the secret of past times is glued tight to the glass.


In her works Yael Davids (*1968, Kibbutz Tzuba) often isolates a specific part of the body, places it in unusual, sometimes humorously absurd situations, and thereby awakens oppressive feelings and associations. In the exhibition, the video work "Face" makes the face its focal point. Gradually, almost imperceptibly, the hair moves around the face, covers the eyes, the gaze, uncovers and re-covers it again - in an endless 360° loop. As much as you try to grasp the person, she vanishes again and again under the moving hair. The rotating hair repeatedly allows us various views of the face, sparks many associations while, nonetheless, not allowing us to comprehend it entirely.


Exhibition March 29 - May 9, 2008

Gallery hours Wed-Fr 2 - 6 pm, Sat noon - 4 pm,
and by appointment