© Jürgen Messensee

Nippon Katamaran, 2007
Jetprint, Acryl auf Leinwand, 178 x 227 cm


Jürgen Messensee
Metrowomen



"Metrowomen - die immer Schönen der keramischen Wände, die Gänge und Orte der Geschwindigkeiten, der Gleichzeitigkeiten des gezielten Chaos." (J. Messensee im Katalog zur Ausstellung)


Die Basler Galerie Marc de Puechredon präsentiert in ihrem neuen grosszügigen Zuhause Hauptwerke aus Jürgen Messensees rezentem Werkblock "Metrowomen". Bereits in den späten 1990er Jahren beginnt Messensee mit medialen Erweiterungen. Er integriert in seine bevorzugten Verfahrensweisen der Malerei und Zeichnung das digitale Medium des Jetprints. Dabei greift der Künstler oftmals bereits vorhandene Bilder auf oder vergrössert mittels des Jetprintverfahrens Bildhintergründe wie Notizzettel mit Raster, Kalenderblätter oder, wie in den zum Teil noch nie gezeigten Baseler Werken, die Wände der Pariser Metro-Stationen. Der Werkblock von sechs monumentalen Leinwänden variiert die Sequenz der "Women", die durch die gekachelten Gänge, der Pariser Metro eilen. Diese gehen einen spannenden Dialog mit den gestischen Figurationen ein. Die Malerei tritt gleichsam in den öffentlichen Raum, verlässt den sicheren Ort der Kunst. Anstelle des schützenden Rahmens tritt die blanke Mauer, Wände, die von den Spuren des Alltags geprägt sind. Messensee goes Graffiti!. In der industriell anmutenden Ausstellungshalle der Galerie Marc de Puechredon wird dieser Eindruck noch verstärkt. Schon in den Jahren zuvor hatte Messensee den traditionellen Tafelbildcharakter erweitert und gesprengt. Vor allem zugunsten eines heterogenen Collageverfahrens. "Arme" Materialien wie Plastik, Pappe und Metall haben Einzug in Messensees materielles Repertoire gefunden.


1993 fand die Ausstellung "Installation: Messensee-Infantinnen-Velázquez" im Wiener Kunsthistorischen Museum statt, eine direkte Gegenüberstellung der Porträts des spanischen Hofmalers mit den malerisch-zeichnerischen Neuschöpfungen Jürgen Messensees. Im umfangreichen Werkblock zu Velázquez setzte Messensee sein komplettes gestalterisches Material ein. Originäre, kürzelhafte, serielle Zeichen, die sein Œuvre bis heute prägen.


Mit unmittelbarem gestischem Strich "verkürzte" der Künstler die "elaborierten" Gemälde des spanischen Malerfürsten - immer zum Wechsel bereit zwischen naturalistischer Brillanz und malerischer Offenheit: Augen, Münder, Frisuren oder Schulterpartien mutierten zu Kürzeln, die sich verselbständigen und sozusagen "abstrakt säkularisiert" in anderen Bildern von Messensee auftauchen konnten und dies auch tun.


Überzeugend zu sehen in den Metrowomen in Basel.


Hier "liegt" die Marke Messensee. In seinen gefundenen Formeln. Mit denen er die Welt - und die Zeit (!) festhält. Diese Formeln sind aufgeladen durch die vibrierende Ambivalenz von Figuration und Abstraktion, von motivischer Bestimmtheit und inhaltlicher Freiheit. Nicht das Mimetische steht im Vordergrund, sondern die Figur (der gestaltete Inhalt) ist lediglich Anlass für die künstlerisch explosive Geste, aus der heraus eine neue Welt entsteht. Der Betrachter wird eingeladen dem Verlauf der Linie zu folgen, wie sie sich entfaltet - kratzig, feinnervig als direkter Niederschlag des Auftrags im Prozessualen und andererseits transformierend (die Dinge in der Zeit verändernd): ein Mund, ein Katamaran, eine Brust, ein Kopf. Messensee braucht keine reine abstrakte Bildsprache, um sich ungezwungen der Geste hinzugeben, wie es in der informellen Malerei propagiert wurde; er verwendet den menschlichen Körper als Vorwand für den Malakt; als seriellen Inhalt, der Veränderung "illustriert". Das Kalenderblatt, die Metro-Wand als Malgründe sind nicht nur Kürzel für die Dimension Zeit, sie sind auch das davor Bestehende. Während das Aufgeklebte, das Nachfolgende - das Spätere begreifen lässt. Elfriede Jelinek dazu im Katalog: "Eigentlich kann man Zeitigkeit in der Malerei nicht darstellen, aber indem etwas gezeigt war, was davor war, gemeinsam mit dem, was danach gekommen ist, und jedes seine Aura bewahrt, gelingt das in diesen Bildern."


Das zentrale Thema, das Festhalten der Zeit, wird zum eigentlichen Inhalt.


Florian Steininger


Ausstellungsdauer 24.4. - 2.6.2008

Oeffnungszeiten Di-Sa 14 - 18 Uhr


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