© Andrea Zittel

Andrea Zittel: sfnwvlei (Something for Nothing with Very Little Effort Involved) Note #2, 2002
Gouache und Bleistift auf Birkenholz, 60.9 x 91.4 cm
© Andrea Zittel
Foto: Josh White
Courtesy Regen Projects, Los Angeles, and Andrea Rosen Gallery, New York


Andrea Zittel, Monika Sosnowska
1:1



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Protagonistinnen der diesjährigen Ausstellung sind Monika Sosnowska (geb. 1972, Polen) und Andrea Zittel (geb. 1965, Kalifornien). Zu sehen ist eine Gruppe von neun, zum Teil monumentalen Skulpturen von Monika Sosnowska, die den offenen Raum im Untergeschoss des Schaulagers in Besitz nehmen. Darüber breitet sich in einer dichten Abfolge von rund hundert möbelartigen Objekten, Raumgebilden und Gegenständen sowie etwa 120 Gouachen, Zeichnungen und Malereien auf Holz das vielgestaltige Universum von Andrea Zittel aus, wie sie es seit 1992 entwirft.


Im Schaulager treffen die beiden Positionen zum ersten Mal aufeinander. Die eine, Zittel, in Form einer breit angelegten, narrativen Präsentation ihres merkwürdig eindrücklichen, in seiner Direktheit berührenden Projektes. Die andere, Sosnowska, in Form von vereinzelten Skulpturen, die momenthaft Einblicke in einen subversiven Gedankenfluss geben und die Logik des grossen Ausstellungsraumes aufheben.


Sämtliche Objekte in der vielteiligen Installation, die Andrea Zittel im Schaulager eingerichtet hat, erinnern an Zusammenhänge, die mit Wohnformen und -räumen zu tun haben. Es sind minimale und schöne, formvollendete Konstruktionen und Gegenstände. Sie wirken zumeist neu und modellhaft und scheinen sich dabei doch klar auf eine bestimmte einzelne Person zu beziehen. Die bilderbuchartigen, buntfarbigen Gouachen und Gemälde sind Entwürfe und Illustrationen, die in einer faszinierenden Mischung von anonymem Bericht und Tagebuch die Entstehung des Zittelschen Lebensentwurfs zu dokumentieren scheinen. Noch nie wurden sie so umfassend gezeigt.


© Monika Sosnowska

Monika Sosnowska: Ohne Titel, 2003
Papier und Karton, ca. 40 x 40 x 70 cm
Sammlung Kenneth L. Freed, Boston, MA
© Monika Sosnowska


Die Skulpturen, die Monika Sosnowska im Schaulager zu einer weiträumigen Installation zusammenbringt, sind zum Teil ganz neu geschaffen oder in vollkommen neuer Form eingerichtet. In Gestalt und Materialien erinnern sie alle an Teile von unfertigen - verfallenden oder noch unbeendeten - Gebäuden, und sehen so aus, wie wenn der Ausgangspunkt ihrer Entstehung eine Baustelle wäre. Allerdings haben sich die Objekte von der "Baustelle" bis in den Ausstellungsraum verselbständigt und zu Subjekten transformiert, die zum Teil phantastische Gestalt annehmen.


Die beiden Künstlerinnen reagieren auf ihre jeweilige Umgebung, auf Architektur, Wohnraum, Lebensform und Tradition - sei dies in New York und Los Angeles bei Zittel, sei es im Warschau des 21. Jahrhunderts bei Sosnowska. Andrea Zittel mit scheinbar zur Benutzbarkeit geplanten Raum-, Möbel- und Gegenstandsentwürfen; Monika Sosnowska mit fiktionalen Raumgebilden, Form gewordenen mentalen Raumerkundungen. Beide im Massstab 1:1 konstruiert.


Das "1:1" im Ausstellungstitel nimmt zuerst wörtlich auf die tatsächliche Massstäblichkeit vieler Werke von Monika Sosnowska und Andrea Zittel Bezug, die ungewöhnlich ist und auffällt. Hervorgehoben wird damit aber auch, dass sich das künstlerische Schaffen von Zittel und Sosnowska in einem Grenzbereich zwischen Kunst und Wirklichkeit abspielt, dass es - unter ganz verschiedenen Vorzeichen - in beider Schaffen immer wieder um das Austesten des Verhältnisses von Kunst und Wirklichkeit geht. Kein Wunder daher, wenn auch bemerkenswert, dass beide ein Interesse an der Epoche der Moderne mit ihren sozialen Utopien und konkreten Versuchen, Leben und Kunst zusammenzuführen, zeigen.


Grenzverwischung zwischen unterschiedlichen Wirklichkeitsebenen ist im Leben und Werk sowohl von Andrea Zittel als auch von Monika Sosnowska ein prägendes Merkmal.


Andrea Zittel wurde 1965 in Escondido in Kalifornien geboren. Nach der Schule besuchte sie die San Diego State University, und schloss 1988 mit einem BA in Painting and Sculpture ab. Im Anschluss daran zog Zittel an die Ostküste, an die Rhode Island School of Design in Providence, und erlangte dort 1990 den MA of Sculpture. Die nächste und erste selbständige Station war New York, wo sie sich in Brooklyn niederliess.


In New York begründete Zittel 1991 ihr künstlerisches Unternehmen "A-Z", ein Projekt, in dessen Rahmen sie seither alle ihre Recherchen durchführt und ihre Werke entwirft, produziert und testet. Mit "A-Z" schafft sich Zittel den experimentellen Raum für eine Parallelwirklichkeit, in der die Unterscheidung von Kunst und Realität obsolet geworden ist. In dieser Zeit setzt auch die Ausstellungstätigkeit ein, die seither Teil ihrer Arbeit geworden ist. In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre verlässt Zittel für längere Perioden New York, während denen sie sich in Europa aufhält oder auf längeren Reisen das Land Amerika erkundet. Immer wieder führt in diesen "Wanderjahren" die Reise in den Westen. 2000 schliesslich beginnt Zittel ein neues Kapitel in und um Los Angeles. Sie erwirbt südöstlich von Los Angeles in der Wüste von Kalifornien (Joshua Tree) eine verlassene Unterkunft (ein ehemaliges sog. Homestead Cabin) und das dazugehörige Stück Land, das Zittel nun "A-Z West" nennt und zu ihrem neuen Versuchsfeld macht. Dort und in Los Angeles lebt sie seither.


1972 in Ryki im Südosten von Polen geboren, gehört Monika Sosnowska schon einer anderen Generation an. 1993 bis 1998 absolvierte sie die Kunstakademie in Posen. Danach, 1999-2000, verbrachte sie zwei Jahre in Amsterdam an der Rijksakademie für Bildende Kunst. In Amsterdam hatte Sosnowska ihre erste Ausstellung. Ausstellungen sind ein für sie wichtiges Medium, da sie oft erst die Voraussetzung für die Realisierung eines Werkes bieten.


Nach Ablauf der Akademiezeit in Amsterdam kehrte sie nach Polen zurück. Jetzt wurde die Hauptstadt Warschau der neue Wohnort, dort wo sich seit Ende der 1980er Jahre eine aktive und lebendige, weit herum beachtete Kunstszene herausgebildet hatte. Wie bei ihren Künstlerkollegen ist das eigene Erbe und die Umbruchsituation der letzten Jahre eine prägende Vorgabe für ihr Schaffen. Bester Schauplatz dafür sind ihr die Städte, allen voran Warschau. Der schnelle Wandel, in den sie geraten sind, und seine Folgen, die zahlreichen Auflösungserscheinungen ebenso wie die Spuren vergangener Utopien, bilden den Nährboden, von dem aus Sosnowska ihre begehbaren Raumbilder entwickelt. Besonderes Aufsehen erregte Sosnowska mit ihrem Beitrag, den sie im vergangenen Sommer an der Biennale von Venedig im Polnischen Pavillon installiert hatte.


Ausstellungsdauer: 26.4. - 21.9.2008
Oeffnungszeiten (nur während der Ausstellung):
Di/Mi/Fr 12 - 18 Uhr, Do 12 - 19 Uhr, Sa/So 10 - 17 Uhr


Schaulager
Ruchfeldstrasse 19
4142 Münchenstein / Basel
Telefon +41 61 335 32 32
Fax +41 (0) 61 335 32 30
Email info@schaulager.org

www.schaulager.org





Andrea Zittel, Monika Sosnowska
1:1



The subjects of this year's exhibition are Monika Sosnowska (b. 1972, Poland) and Andrea Zittel (b. 1965, California). The exhibition includes a group of nine sculptures by Monika Sosnowska, some monumental in size, which occupy the open space on Schaulager's lower floor. Distributed on the upper floor is the diverse universe Andrea Zittel has been creating since 1992: a dense sequence of about a hundred furniture-like sculptures, spatial forms and objects as well as 120 gouaches, drawings and paintings on wood.


These two artistic positions are meeting at Schaulager for the first time. One position, Zittel's, adopts the form of a expansive narrative presentation of her strangely impressive, touchingly direct project. The other, Sosnowska's, takes the form of isolated sculptures offering momentary views into a flow of subversive thoughts and abolishing the logic of the large exhibition space.


All of the objects Andrea Zittel has included in her multipart installation at Schaulager recall contexts connected with forms of and spaces for housing. The constructions and objects are minimalist, beautiful and perfect in form. They usually look new and exemplary, but at the same time seem to be clearly related to specific individuals. Her colourful, picture-book-like gouaches and other paintings are sketches and illustrations which seem to document the emergence of Zittel's life plan in a fascinating mixture of the anonymous report and the diary. Never before have so many of them been shown together.


The sculptures which Monika Sosnowska has put together for a spacious installation at Schaulager are in part entirely new or set up in completely different ways. In terms of form and materials, they recall parts of unfinished - or dilapidated or never completed - buildings, and look as if a construction site was the starting point of their creation. In moving from the "construction site" to the exhibition space, however, they have become autonomous and transformed into subjects that in some cases adopt fantastic forms.


Both artists are reacting to their specific surroundings, to architecture, living space, lifestyles and tradition: in New York and Los Angeles in Zittel's case, and in twenty-first-century Warsaw in Sosnowska's. Andrea Zittel does so by designing and creating spaces, furniture and objects which are apparently meant to be used. Monika Sosnowska does so with fictional space forms, with mental explorations of space which have taken concrete form. Both are constructed on a one-to-one scale.


The exhibition's title, 1:1, refers first literally to the actual scale of many works by Monika Sosnowska and Andrea Zittel, which is unusual and striking. However, it also emphasises the fact that the artistic creativity of Zittel and Sosnowska takes place in a space between art and reality, that their works in both cases, though under very different conditions, are often about testing the relationship of art and reality. It is thus no wonder, though still worth noting, that both artists show an interest in the modernist era, with its social utopias and concrete attempts to bring together life and art.


Eliminating the boundaries between different levels of reality is a distinguishing feature of the work of both Andrea Zittel and Monika Sosnowska. Andrea Zittel was born in Escondido, California. After completing secondary school, she attended San Diego State University, receiving her Bachelor of Arts in Painting and Sculpture in 1988. Zittel then moved to the East Coast to attend the Rhode Island School of Design in Providence, where she received her Master of Arts in Sculpture in 1990. Her next stop - the first one on her own - was New York, where she settled in Brooklyn.


In New York in 1991, Zittel founded her A-Z art enterprise, a project which has provided the framework within which she has conducted her research and designed, produced and tested her works ever since. With A-Z, Zittel creates an experimental space for a parallel reality in which the difference between art and reality has become obsolete. During this period, too, her exhibition activity began, and it has since become part of her works. In the second half of the 1990s, Zittel left New York repeatedly for extended periods, during which she stayed in Europe and explored non-urban America on long trips. Her travels during these "years of wandering" took her repeatedly to the West. Finally, in 2000, Zittel began a new chapter in and around Los Angeles. She purchased an abandoned home - a former so-called homestead cabin - and the associated property in Joshua Tree, in the desert east of Los Angeles. Zittel called it A-Z West and has made it her new site for experiment. Since then she has been living there and in Los Angeles.


Born in Ryki, in south-east Poland, in 1972, Monika Sosnowska belongs to a different generation. From 1993 to 1998, she attended the Academy of Art in Poznan. Then in 1999-2000, she spent two years in Amsterdam at the Rijksakademie van Beeldende Kunsten. Sosnowska had her first exhibition in Amsterdam. Exhibitions are an important medium for her, as they often create the conditions necessary for her to realise a work in the first place.


After her stay at the academy in Amsterdam, she returned to Poland. The Polish capital, Warsaw, became her new place of residence; an active, lively, widely appreciated art scene has evolved there since the end of the 1980s. As for many fellow artists, her own heritage and the upheaval of recent years are crucial influences on Sosnowska's creative work. The best venues for that are Poland's cities, above all Warsaw. The rapid change to which they have been subjected and its consequences, the numerous signs of breakdown and the traces of past utopias are the foundation from which Sosnowska develops her walk-in "space images". Sosnowska has attracted attention above all for the installation she created last summer for the Polish Pavilion of the Venice Biennale.


Exhibition: 26 April - 21 September 2008
Opening hours: Tues/Wed/Fri noon - 6 pm,
Thu noon - 7 pm, Sat/Sun 10 am - 5 pm