© Andrea Good

Zürich Werdstrasse 75 XIII, 25.7.2006
183 x 302 cm


Andrea Good
Zürich - Neue Bilder



Fotografie


Andrea Good, 1968 in Zürich geboren, arbeitet seit ihrer Ausbildungszeit mit Lochkameras. Die Camera obscura ("dunkle Kammer") basiert auf dem einfachen physikalischen Prinzip, wonach ein Lichtstrahl, der durch ein Loch in einen dunklen Raum fällt, auf der gegenüberliegenden Wand das farbige, verkleinerte, Kopf stehende und spiegelverkehrte Bild dessen zeigt, was ausserhalb des Raumes ist. Die Grösse des Lochs beeinflusst die Schärfe des Bildes. Die Lochkamera lässt zu, in Zeiten allgemeiner Hetze langsam zu arbeiten und individuell gewählte Gehäuseformen mit den Möglichkeiten der zeitgenössischen Fototechnik, etwa verschiedenen Filtern oder Farbpapieren in grossen Formaten, zu kombinieren. Je nach Papier und Filter schimmern die partiell leicht unscharfen Bilder in Blau- oder Rottönen.


Andrea Good arbeitet mit einem Container als Lochkamera - auf einem Parkplatz in Oberiberg (2002), an der Autobahn (Brüttiseller-Kreuz, 2001) oder auf dem Güterbahnhof (Zürich, 1998 und 2000) aufgestellt - und verwandelt ein Hotelzimmer in Paris (2005), eine Kirche in Winterthur (2005), den Ausstellungsraum am Zürcher Limmatquai (2005) und Büroräume der ETH, UBS, Stadtverwaltung oder des Jazzklubs Moods (2006)* in Kameras, die je nach Belichtungszeiten von mehreren Stunden bis zu rund einer Woche wandfüllende Querformate liefern. Es sind Bilder von verträumter Ausstrahlung, Landschaften und Städteansichten, die auf mysteriöse Weise ihrem Vorbild ähnlich sind - und doch auch unähnlich, weil offensichtlicher vom Medium mitgeprägt als Fotografien mit "richtigen" Kameras.


Im Bild, das die Lochkamera aufzeichnet, sind Ereignisse von kurzer Dauer - vorbeifahrende Autos, Passanten - ausgeblendet, denn das Kamera-Gedächtnis speichert nur, was von Dauer ist. Der Mensch ist deshalb eine "quantité négligable". Was bleibt, sind seine Spuren und die sanft in der Zeit sich bewegende Natur selbst: Häuser, Strassen, Büsche, Bäume, das Sonnenlicht in Streifen und Punkten. Das Hektische, Ruhelose des Lebens wird dabei aufgesogen von den langsameren Ereignissen, den dauerhaften Dingen - diese schreiben sich im Bild ein. Zu sehen ist jedoch nicht nur ein Gegenbild zur Geschwindigkeit, eine gar ins nostalgisch-romantische tendierende Sehnsuchtslandschaft. Andrea Goods Arbeiten sind vielmehr ein fotografisches Sondieren in den tieferen Schichten der Ereignisse hinter der betriebsamen Oberfläche. Hinter dieser Schicht gibt es das Unoffensichtliche, das für schnelle Blicke unsichtbar bleibt. Schaut man länger - oder schauen die Kamera und das Fotopapier gewissermassen gleichgültig gegenüber der anstrengenden Betriebsamkeit -, dann zeigt sich dieser Unter- oder Hintergrund der Existenz.


Andrea Goods Panoramen sind voller Poesie und Magie und zugleich etwas unheimlich und melancholisch. Als wären sie ein Blick in eine Welt nach dem Menschen.


Text: © Nadine Olonetzky


*In der Ausstellung: Paradeplatz Aussicht von UBS) Hardstrasse (Aussicht vom Büro Moods), Werdstrasse (Ausssicht von Hochhaus Werd/Stadtverwaltung), Neumühlequai (Aussicht von Gebäuden der Kantonalen Verwaltung).


Ausstellungsdauer 4.11.2006 - 27.1.2007

Oeffnungszeiten Di-Fr 14 - 18 Uhr, Sa 13 - 16 Uhr


Galerie semina rerum
Irène Preiswerk

Limmatquai 18
8001 Zürich
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