Sieben Synthetische Steine, 2004 Dagmar Varady Natur nach Novalis Das aktuellste Projekt von Dagmar Varady umfasst die Herstellung und Platzierung von "Sieben Synthetischen Steinen" an Orten wie einem ehemaligen Barock-Lustgarten in Zeitz, dem Rosengarten des Novalis-Museum auf Schloss Oberwiederstedt oder dem Kloster Drübeck. In allen sieben Kautschuk-Silikon-Steinen ist jeweils ein Zitat eingeschmolzen, etwa: "das Paradies ist gleichsam über die ganze Erde verstreut und vereinigt - sein Skelett soll ausgeführt werden. Regeneration des Paradieses". Auf dem zweiten Stein ist im Silikon zu lesen: "der Mensch spricht nicht allein - alles spricht - unendliche Sprachen". Es ist Novalis, der die Frage aufwirft, ob Tiere, Pflanzen und Steine nicht auch als zur Menschheit zugehörig erkannt werden sollten, ob nicht auch die Menschen selbst einmal durch diese Sphären hindurchgegangen seien. Novalis spricht von der "Chiffrenschrift" der Natur, die der Mensch wie die Bibel lesen lernen und deren Hieroglyphen er entziffern müsse. Hier setzt Varady an, um mit ihren "Synthetischen Steinen" die Natur spekulativ zu durchdringen. Sie glaubt, dass ihre Steine wiederum Vorbilder abgeben können, um die reale Natur zeitgemäss zu gestalten. Ihre Steine in der Landschaft wirken wie vom Himmel gefallenen Meteoriten, die Himmel und Erde verbinden. Oder wie die Steine der Weisen, die gegensätzliche Prinzipien, vor allem des Weiblichen und des Männlichen, sowohl trennen als auch wieder vereinigen. Indem Varady in ihrem "Kunst"-Stein die Worte sichert, wird der in ihm wohnende Gedanke, das in ihm gebundene Gefühl, die in ihm eingeschriebene Poesie freigesetzt (Textauszug: Paolo Bianchi, Dagmar Varady, vom "Virus Novalis" befallen, 2004) Gold-Hill (1996-2004) Die Serie der 36 Grafiken mit Gebirgsmotiven changiert im Gesamteindruck zwischen synthetischem Panoramabild und Stills aus einem Landschaftsfilm - der Blick schweift und versucht das Nebeneinander zu räumlicher Konsistenz zu vereinen oder er verliert sich traumwandlerisch in der Tiefe des einzelnen Motivs. Hier trifft er auf die grau-braune Stumpfheit von Fels und Geröll und eine wüstenartige Staubigkeit in der trostlosen Weite des Gebirgsmassivs. Beim visuellen Streifzug erfährt man eine plötzliche Irritation des Blicks: Im flachen Gegenüber ein verhaltenes Aufleuchten, ein geheimnisvoll magisches Schimmern auf dem gespannten Kammrücken des Hochgebirges. Unverhofft wird man Zeuge eines Naturschauspiels, meint jenes Hitzeflimmern der Mittagssonne im Sommer oder den auratischen Lichtreflex eines beginnenden Sonnenuntergangs wahrzunehmen. Tatsächlich ein bewegtes Lichtspiel, dann wieder eine Trübung durch vorüber ziehende Wolken. Und das alles in einem sprichwörtlich flachen Naturersatz? (...) Einerseits dominiert in der kompositorischen Struktur die Horizontlinie, jene simple Flächenteilung, die den Schein unendlicher Tiefe erzeugt und dem Betrachterblick Flügel verleiht. Andererseits reicht ein partiell aufgetragenes metallisches Pigment, um durch zarte Lichtreflexionen das Auge zu locken. So entstehen zwei gegenläufige Energieströme zwischen Betrachter und Bild: ein Chiasmus von Tiefensog und Strahlkraft, eine sinnliche Komplementarität von Sehnen und Empfangen. (Textauszug: Joachim Penzel, "There is Gold in Them Thar Hills", 2003) Vierwald (2002) Varadys tonlose Video-Installation "Vierwald" (2002) zeigt die Panorama-Aufnahme eines zwei Minuten dauernden 180-Grad-Schwenks mit der Videokamera vom Sonnenuntergang am Vierwaldstättersee. Indem die gefilmten zwei Minuten nun auf dreissig Minuten verlangsamt wurden, kommt es zu einer Entschleunigung. Die Kamera weicht hier in die Totale zurück, um sich mit der Landschaft zu verbinden, um einen kalten Blick auf eine herrlich leuchtende Natur zu werfen. "Vierwald" besticht durch kühles Understatement und durch die Melancholie des Augenblicks.. Die Schönheit der Landschaft blendet, erinnert einen an jene Tage ohne Wetter, wo gähnendes Nichts als innere Haltung vorherrscht. (Textauszug: Paolo Bianchi, Dagmar Varady, vom "Virus Novalis" befallen, 2004) Ausstellungsdauer: 3.6. - 22.7.2004 Oeffnungszeiten: Di-Fr 14 - 18 Uhr, Sa 13 - 17 Uhr und nach Vereinbarung semina rerum Irène Preiswerk Cäcilienstrasse 3 8032 Zürich Telefon 01 251 26 39 Fax 01 251 34 19 Email ipreiswerk@bluewin.ch www.seminarerum.ch |